A  l  p  e  n  r  a  d  t  o  u  r  e  n  .  d  e

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  Daten / Vorbemerkung

 Zeitraum

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Presse

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 02.07.2010 - 16.07.2010

1.125 km

 9.660 Hm

 

 Datum  km  Σ Km  Hm  Σ Hm Tour  Übernachtung
02.07.2010 100 100 900 900 Keflavik - Strandakirkja Camping Strandakirkja
03.07.2010 93 193 600 1.500 Strandarkirkjar - Pingvellir Camping Pingvellir
04.07.2010 67 260  670 2.170 Pingvellir - Husafell Camping Husafell 
05.07.2010 110 370 990 3.160 Husafell - Burdardalur Camping Burdadalur
06.07.2010 80 450 1.080 4.240 Burdadalur - Holmavik Camping Holmavik
07.07.2010 0 450 900  4.240  Holmavik - Heydalur  Camping Heydalur
08.07.2010 140 590 960 5.190 Heydalur - Isafjoedur Edda Hotel
09.07.2010 94 684 1.360 6.550 Isafjoedur - Dynjandi Camping Dynjandi
10.07.2010 51 735 900 7.450 Dynjandi - Stykkisholmur Hotel Breidarfjoedur
11.07.2010 86 821 630 8.080 Stykkisholmur - Helisandur Hotel Hellisandur
12.07.2010 115 936 700 8.780 Hellisandur - Eldborg Hotel Eldborg
13.07.2010 104 1.040 450 9.230 Eldborg - Akranes Camping Akranes
14.07.2010 32 1.072  100 9.330 Akranes - Reykjavik Hotel Fron
15.07.2010 53 1.125 330 9.660  Reykjavik - Keflavik keine

 

Schon wieder nach Island? Du warst doch schon zweimal dort! Hast du noch immer nicht genug von dem schlechten Wetter dort? Derartige Kommentare aber auch neugierige Fragen begleiteten unsere Reisevorbereitungen schon Monate vor dem Start. Was hatte dieses hoch im Norden gelegene Land zu bieten, um mit dem Rad bereist zu werden? War es die immense Weite, die immer spürbar war? War es das Gefühl des ausgesetzt seins, dass man auf Island noch erleben konnte? War es das Gefühl des Abenteurers, der wusste, dass eine Radtour auf Island nie zu 100 % planbar war? Waren es die Menschen, deren Hilfsbereitschaft immer zu gegenwärtig war? Von allem etwas war eine mögliche Antwort. Island hoch im Norden gelegen war mit keinem anderen westeuropäischen Land vergleichbar, zu ursprünglich die Natur. Kein Wunder, dass sich Jahr für Jahr mehr Radler aufmachten, das Land mit dem Rad zu bereisen.

Während ich auf meinen ersten beiden Touren (2007 und 2008) alleine unterwegs gewesen war, sollte das bei meiner dritten Reise anders sein.  Im Januar 2009 hatte ich in einem Lichtbildvortrag von meiner Islanddurchquerung 2008 berichtet und einen Interessenten für die Tour 2010 gewonnen. Thomas Timmer, hatte sich dazu entschieden, mich auf meiner dritten Reise zu begleiten.

Die Vorbereitungen liefen bereits im Herbst 2009 auf Hochtouren. Es wurden Streckenalternativen entworfen, Ausrüstungslisten erstellt und GPS-Tracks geplant, Anfang 2010 dann die Entscheidung getroffen. Es sollte eine ca. 1100 km lange Tour über die Halbinseln Reykjanes sowie Snaefellsnes und durch die Westfjorde werden.

Beim Hostal Alex (3 km vom Flughafen in Keflavik) hatte ich für die erste Nacht ein Zweibettzimmer und den Transfer vom Flughafen zum Hostal gebucht. Die Vorbereitungen waren damit abgeschlossen und unsere Tour konnte am 01.07. beginnen.

Die Anreise verlief am 01.07. ohne zeitliche Verzögerung. Nach einem gut 3 stündigen Flug erreichten wir kurz vor Mitternacht den Flughafen in Keflavik. Ein Telefonanruf beim Alex Hostal reichte um 15 Minuten später den Transferdienst zu aktivieren.

 


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 01.Tag: Angriffslustige Küstenseeschwalben

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
02.07.2010 100 100 900 900 Camping Strandarkirkja

 

Ein Blick aus dem Fenster genügte am Morgen um nach einem ausgedehnten Frühstück gut gelaunt mit der Montage der Räder zu beginnen. Die Sonne schien in voller Pracht, die Temperatur bei 13 Grad war noch nicht geeignet in kurzer Hose zu radeln, aber das war uns egal. Island war Island, mit der Möglichkeit mehrere Tage in kurzer Hose zu radeln hatten wir ohnehin nicht gerechnet. Die Radkartons deponierten wie bei Alex in der PKW-Garage, ein letztes Foto und schon konnten wir starten.

Unser erstes Tagesziel, der kleine 100 km entfernte Ort Strandarkirkja, lag wie auch der Flughafen in Keflavik auf der Halbinsel Reykjanes. Die Halbinsel ist gekennzeichnet durch riesige, relativ junge Lavafelder, die im Gegensatz zu den älteren nur spärlich mit einer Vegetationsschicht überzogen sind. Aktiven Vulkanismus findet man dort für jeden sichtbar in Gunnuvher und Krysuvik. Die beiden Hochtemperaturgebiete gehörten zu den Zwischenstops des ersten Tages.

Zunächst radelten wir aber erst einmal im Bogen um den Flughafen herum, um nahe am Meer entlang zu dem kleinen Ort Hafnir zu gelangen. Die „Häuseransammlung“ Hafnir bildet gemeinsam mit den Orten Keflavik, Grindavik und Njardvik die Gemeinde Reykjanesbaer. Wenige Kilometer weiter trafen wir auf eine touristische Besonderheit, die über einen schmalen Weg erreicht werden kann. Es handelt sich um die „Brücke zwischen den Kontinenten“.  An der Stelle überspannt eine Stahlbrücke einen mehrere Meter breiten Spalt, der die Trennung zwischen der eurasischen und nordamerikanischen Platte markiert. Eine dort vorhandene Schautafel erläutert ausführlich den Effekt der Plattenverschiebung.

Bis zum oben bereits erwähnten Hochtemperaturgebiet Gunnuvher war es dann nicht mehr weit. Direkt neben dem Geothermalkraftwerk von Svartsengi gelegen, macht man dort die Erfahrung, dass es direkt neben einem in einer spärlich bewachsenen Wiese aus dem Boden qualmt. Überall wo wir hinschauten, blubberte und dampfte es aus dem Boden. Über Holzstege mit Geländer wurden die Wege „abgesichert“, so dass man ohne Fußverbrennungen bis nahe an die größten Fumarolen (Fumarolen = Dampfaustrittstellen) gelangt. Gunnuvher ist über eine knapp 2 km lange Schotterpiste (gravel road) erreichbar, aber kaum zu übersehen. Das danebengelegene Kraftwerk von Svartsengi versorgt die bei Touristen so beliebte „Blaue Lagune“ über eine ca. 13 km lange Pipeline mit heißen Abwässern. Diese sollen sehr mineralhaltig sein.

Wir hielten uns dort einige Zeit auf, zu interessant war das Farbenspiel in den schwefelhaltigen Ablagerungen. Danach kurbelten unsere Räder gegen den Nordostwind bis nach Grindavik. Den Ort kannte ich ja schon von meiner Tour im Jahr 2007, ein kleines Städchen, deren ca. 3000 Einwohner zumeist vom Fischfang lebten. 2007 hatte mir der Campingplatz neben dem Sportstadion überhaupt nicht gefallen. Ich hatte nur kurz angehalten und war zu der Entscheidung gekommen auf meiner letzten Etappe noch bis  Keflavik zu radeln. Umso verwunderter war ich jetzt, dass es den alten Campingplatz nicht mehr gab. Am östlichen Ortsausgang hatte man einen neuen errichtet, der mir erheblich besser gefiel.

Wir beide nutzten im Ort den vorhandenen NETTO-Markt um einige Lebensmittel zu kaufen, pausierten kurz in einem Cafe, strebten dann aber weiter dem Ortsausgang zu. Immerhin lagen noch über 60 km Fahrstrecke vor uns. Kurz hinter dem Ortsausgang trafen wir dann auf ein Schild, dass eine besondere Bedeutung besitzt. Vor dem Erreichen der Steilküste führt die Str. 427 mitten durch ein Brutgebiet der Küstenseeschwalben. In Europa gibt es kaum einen Vogel, der so aggressiv und angriffslustig ist wie die Küstenseeschwalbe. Gelangt man in deren Gebiet, wird man sofort am Kopf attackiert. Selbst Autos werden nicht selten angegriffen. Die Isländer lösen dieses Problem, indem sie teilweise lange Stangen hochhalten, uns schützte auf der Fahrt unser Fahrradhelm. Zunächst meint man, dass diese Aggressivität damit verbunden ist, dass wir durch deren Brutgebiet radeln, dem ist aber nur teilweise so. Die Aggressivität gehört zum Wesen dieser Vogelart und ist ein Bestandteil ihres Balzverhaltens. In den Wiesen hinter Grindavik brüten sehr viele Küstenseeschwalben auf engem Raum, insofern darf man die Angriffe nicht weniger Vögel auf Eindringlinge wie uns als gemeinsame Überlebensstrategie ansehen. Unwohl wurde uns schon ein wenig dabei! Einige Küstenseeschwalben klapperten mit ihren Schnäbeln bevor sie sich auf uns herabstürzten, die meisten drehten aber kurz vorher bei, ohne uns wirklich zu gefährden, einzelne berührten aber schon mal den Helm.

Etwas später trafen wir auf die östlich von Grindavik gelegene Steilküste. Der Blick auf die steil abfallenden Felswände der Halbinsel Reykjanes ist sehr schön, danach sammelt man mit dem Rad aber auch die ersten Höhenmeter. Den Blick auf die alte Straßenführung der Str. 427 gerichtet, radelten wir die gut 100 Hm auf der neuen Straße hinauf, danach ging es wieder hinab in Richtung Meer um weiter der Küstenlinie zu folgen.  Hinter einer kleinen Cafebude, in der wir kurz einkehrten, endete die Asphaltdecke.

Die Fahrbahn ließ sich noch relativ gut befahren und war mit den teilweise üblen Pisten im Hochland nicht zu vergleichen. Lose kleine Steine auf der ansonsten festen Fahrbahndecke störten etwas, wir kamen aber gut voran.  Bis zum Hochtemperaturgebiet Krysuvik (Seltun) waren noch über 15 km zu radeln. Auf dem Weg dorthin hielten wir noch einmal kurz auf dem Hügel Borgaholl, auf dem ich im Jahr 2007 sehr viele kleine Steinpyramiden gesehen hatte. Leider waren die meisten aber von Menschenhand oder einem Sturm zerstört worden.

Im Februar 2010 war in den isländischen Zeitungen und im Internet von einer Tat zu lesen, für die jeder normal denkende Mensch keine Erklärung fand. Einige „Verrückte“ hatten die kleine, auf einem Hügel gelegene Holzkirche Krysuvikirkja abgebrannt. Die Kirche stammte aus dem 19. Jahrhundert. Sie hatte keine Stromversorgung, insofern konnten technische Defekte als Ursache ausgeschlossen werden. Die Täter wurden wohl bis heute nicht gefasst. Vor Ort war leider nur noch die Fläche zu sehen, auf dem die Kirche einmal gestanden hatte.

Von dem Hügel, auf dem die Kirche einmal gestanden hatte ist das Hochtemperaturgebiet Krysuvik bereits zu sehen. Die schwefelhaltigen Wände heben sich farblich deutlich von der ansonsten grauschwarzen und grünen Umgebung ab. Die Straße führt zwei Kilometer leicht ansteigend am See Graenavatn vorbei, danach steht man urplötzlich vor dem Schlammpott Fulipollur. Etwas links von der Straße stehen dann die Hinweisschilder. Man kann sie aufgrund der dort parkenden Autos nicht übersehen. Auf dem nachstehenden Foto sind wir schon einige Meter in das Hochtemperaturgebiet hineingelaufen.  Von oben sieht man den Holzsteg, der sich wie eine Schlange durch das Gebiet zieht und dafür sorgt, dass man sich nicht die Füße verbrennt.

Bis Strandarkirkja waren noch gut 27 km zu radeln. Auf den letzten Kilometern nahmen die losen Steine und die Waschbrettstellen immer mehr zu, so dass es ein einziger Kampf wurde eine fahrbare Stelle zu finden. Immer wieder mussten wir kurz anhalten, um unsere verkrampften Hände zu lockern und auszuschütteln.

In dem aus wenigen Häusern und einer abseits gelegenen Kirche bestehenden Ort Strandarkirkja hatten wir auf dem Campingplatz maximal ein Toilettengebäude erwartet. Diese Erkenntnis hatten wir verschiedenen Reiseführern entnehmen können. Umso überraschter waren wir, dass es eine Dusche und einen kleinen Verkaufswagen gab. Der Tag war damit „gerettet“, man hatte in den letzten Jahren wohl ein wenig nachgerüstet.

An dem Abend liefen wir noch den ca. 1 km langen Weg bis zur Strandarkirkja. Unterwegs wurden wir, wie schon hinter Grindavik, ständig von Küstenseeschwalben attackiert. Uns fehlte der Fahrradhelm als Kopfschutz, deshalb kamen die Schwalben unseren Köpfen immer gefährlich nahe. Mit wedelnden Armen und einer auf den Kopf gestellten Lenkertasche lösten wir das Problem.

Durch ein Fenster konnte man sehen, dass die Kirche im Gegensatz zu vielen anderen kleinen Kirchen Islands reichlich geschmückt war, sie war aber leider abgeschlossen,

 


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 02.Tag: Auf nach Pingvellir

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
03.07.2010 93 193 600 1500 Camping Pingvellir

 

Zwischen Strandarkirkja und Porlakshöfn hatte man relativ nah an der Küste entlang eine neue Straße gebaut. Wir hatten die Baufahrzeuge tags zuvor zwar schon gesehen und vermutet, dass dort eine neue Führung entstand, konnten natürlich aber nicht wissen, ob diese schon durchgängig befahrbar war. Als wir Strandarkirkja mit unseren wieder hochbepackten Rädern verließen, und das Straßenschild nach Porlakshöfn sahen, freuten wir uns. Wir mussten nicht wieder auf die Str. 42 zurück, deren schlechte Qualität ich ja schon aus dem Jahr 2007 kannte. Die deutlich kürzere Strecke ließ sich hervorragend radeln, wir kamen gut voran. Nachstehend mal ein Foto von einem schönen Blick auf die Küstenlinie.

In Porlakshöfn radelten wir kurz in den Hafen, von dem ich auf meiner Tour 2008 zu den Westmännerinseln gefahren war. Zeit für eine Frühstückspause hatten wir auch noch, einen Pott Cafe bekamen wir an der nahe gelegenen Tankstelle.

Unser nächstes Ziel war der kleine Ort Eyrarbakki, in dem es das einzige Gefängnis Islands gab. Auf dem Weg dorthin radelten wir einen Damm und über eine lange Brücke, die die Flußmündung der Ölfusa überspannt und überholten zwei Radler aus Dresden. Das Pärchen war relativ langsam unterwegs. Mit den beiden quatschten wir einige Zeit, bevor wir gemeinsam über Eyrarbakki nach Selfoss radelten. 

Mit knapp 7000 Einwohnern ist Selfoss die größte Stadt Südwestislands, gleichzeitig auch das wichtigste Handelszentrum der Region. Die 1929 gegründete Molkerei ist die älteste und größte des Landes. Selfoss besitzt eine Hängebücke, die imposant den Fluß Ölfusa überspannt. Sie wurde erstmals im Jahr 1890 fertiggestellt und hielt bis zum Jahr 1944. Damals brach sie unter der Last von zwei Milchwagen zusammen. Die heutige Brücke wurde nach der Zerstörung mit Hilfe der amerikanischen Armee errichtet. Sie scheint sehr stabil zu sein und  hat bereits zwei starke Erdbeben und diverse Fluten überstanden. Über die Brücke führt heute die wichtigste Verkehrsverbindung in den Süden, die Ringstr. Nr. 1.

Im großen Bonus-Supermarkt deckten wir uns mit einigen Lebensmitteln ein und verabschiedeten uns von den Radlern aus Dresden. Die beiden hatten die Absicht, sich in einem Cafe das zwei Stunden später beginnende WM Viertelfinalspiel zwischen Deutschland gegen Argentinien anzuschauen, Thomas und ich wollten an dem Tag noch bis nach Pingvellir gelangen.

Nördlich von Selfoss schwenkten wir auf die Str. 35 und hielten kurz an einer Picknickstelle mit Blick auf die breite Hvita. Danach kurbelten wir unsere Räder auf der Str. 36 weiter nach Norden zum Pingvallavatn. Der Pingvallavatn ist Islands größter natürlicher See. Er besitzt eine Fläche von 84 qkm und ist an seiner tiefsten Stelle 114 m tief. Bekannt ist der See aufgrund seines Fischreichtums, der ihn zu einem beliebten Ferienziel für Angler macht. Nicht verwundert deshalb die Anzahl der teilweise stattlichen Ferienhäuser, die überall zu sehen sind. Forscher sind sich sicher, dass der See gigantische Quellen besitzen muss. Immerhin bringen die Zuflüsse, von denen sich der Öxara als der Größte präsentiert, nicht die 100 bis 115 Kubikmeter Wasser pro Sekunde mit sich, die am Südende den See verlassen.

Noch vor dem Erreichen des Pingvallavatn sahen wir links von uns ein weißes Hotelrestaurant, das sich quasi für eine Mittagspause anbot. Der Besitzer stand draußen am Wagen und schaute interessiert in unsere Richtung. Er hoffte wohl auf Übernachtungsgäste. Eine leckere Suppe mit Brot und eine Tasse Cafe reichten, um unsere Kraftreserven zu füllen.  Während wir gemütlich unsere Suppe löffelten, traf unser Blick auf den hinten im Raum hängenden Fernseher.  Es war 14:00 Uhr (16:00 Uhr in Deutschland) und das WM Viertelfinale Deutschland gegen Argentinien begann. In einem Konferenzraum lief das Fußballspiel auf einem noch größeren Fernseher, dort kommentiert in englischer Sprache. Wir schauten uns die erste Halbzeit im Konferenzraum an, radelten dann aber weiter. Es stand 1:0 für Deutschland, zwei Stunden später wussten wir, dass das Spiel 4:0 enden würde.

Von der Weiterfahrt nach Pingvellir gibt es wenig zu berichten, sehr schöne Ausblicke auf den See prägten den Nachmittag. Thomas Tacho und mein GPS-Gerät zeigten bereits über 90 Tageskilometer an, als wir Pingvellir erreichten. Hin und wieder waren mal ein paar Tropfen Regen vom Himmel gefallen, wir konnten aber zufrieden sein. Das geplante Tagespensum hatten wir fast geschafft, bis zum Campingplatz waren höchstens noch 3 km zu radeln.

Die historische Stätte Pingvellir ist deshalb bei den Isländern so bekannt, weil hier bereits um das Jahr 930 die traditionelle gesetzgebende Versammlung Alping abgehalten wurde. Es handelt sich um eines der ältesten Parlamente der Welt. Eine weitreichende Entscheidung wurde dort im Jahr 1000 getroffen, als das Parlament die Annahme des Christentums beschloss.  Es bestand bis ins Jahr 1798, als die Dänen den Alping auflösten. Am 17. Juni  1944 wurde an dem historischen Ort die Republik Island ausgerufen, 1994 die Fünfzigjahrfeier begangen. Pingvellir, seit 1928 Nationalpark, liegt inmitten einer Grabenbruchzone. Der Fluß Öxara durchströmt den Nationalpark und formt an der Almännerschlucht einen sehenswerten Wasserfall. Im Umfeld der Allmännerschlucht wird das Auseinanderdriften der amerikanischen und europäischen Erdplatten durch imposante Felsspalten und Risse sichtbar.

Wir hatten das Zelt kaum aufgebaut, da fing es an zu regnen. Im nur 100 Meter entfernten Cafe gelang mir noch ein Foto von einem Regenbogen, bevor wir draußen unter einem Vordach auf Andrea mit ihren Kindern Leonhard und Cornelius trafen. Die drei kamen aus der Grafschaft Bad Bentheim, waren mit dem eigenen Auto auf Island unterwegs und hatten bereits eine lange Reise hinter sich.  Mir selber war ja noch bekannt, dass der Begriff Trecker aus der plattdeutschen Sprache stammte und das es sich um einen Traktor handelte, halt einer landwirtschaftlichen Zugmaschine, damit endete mein Fachwissen aber schon. Leonard war hartnäckig und ein Treckerspezialist durch und durch. Er spulte sein gesamtes Wissen an dem Abend aus, Thomas und ich kamen aus dem Staunen nicht mehr raus.

Aus unserem geplanten Ausflug zur Allmännerschlucht wurde an dem Abend nichts mehr, weil der Regen leider nicht nach lies.

 


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 03.Tag: Eine anstrengende Hochlandpiste (Kaldidalur)

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
04.07.2010 67 260 670 2170 Camping

 

Das Kaldidalur (isländisch kaltes Tal) befindet sich zwischen dem Vulkankrater Ok und dem Gletscher Thoerisjökull, einige Kilometer nördlich vom Pingvallavatn. Sein höchster Punkt liegt auf 727 m. Entlang dieses Tals verläuft der Kaldadalsvegur (F550), die kürzeste Hochlandetappe Islands. Um ein wenig Hochlandfeeling zu bekommen, hatten wir diese Etappe mit in unsere Streckenführung eingebaut. Da auf dem Kaldadalsvegur keine Flüsse gefurtet werden müssen, wird diese Strecke häufig auch als „Hochland für Anfänger“ bezeichnet. Dass diese Piste nicht ganz so einfach zu bewältigen war, wie der Begriff „Hochland für Anfänger“ suggeriert, sollten wir an dem Tag noch erfahren.

Morgens kochten wir uns erst einmal in Ruhe einen Kaffee und quatschten beim Frühstück ein wenig mit Andrea, Leonard und Cornelius. 

Schon nach den ersten noch bequem zu radelnden 8 Kilometern und 250 Höhenmetern ging es mächtig zur Sache. Die folgenden Fotos zeigen eine Steigung mit 14%, an der sich aufgrund der vielen einzelnen losen Steine kaum fahren ließ. Wir beiden versuchten es auf dem ersten Stück, gaben aber nach kurzer Zeit auf. 50 kg den Berg hinaufzuschieben war ja auch nicht gerade leicht,  aber was macht man nicht alles mangels Alternative. Um Nachahmer zu beruhigen folgender Hinweis: Das Teilstück ist das steilste auf der gesamten Tagesstrecke. Die F550 ist teilweise recht gut zu befahren, es gibt aber immer wieder kurze Teilabschnitte, auf denen das Radeln recht schwer fällt, weil der Untergrund zu lose ist, oder einer Waschbrettpiste gleicht. Auf der Strecke in Richtung Husafell befindet sich ca. 1,5 km  hinter der Einmündung der Str. 52 eine Schutzhütte. Sie steht auf einer Höhe von ca. 380 m ü.NN und ist eine geeignete Stelle um eine Rast einzulegen.

Danach kurbelten wir unsere Räder stundenlang durch die dunstverhangenen Berge hinauf bis zur Passhöhe in 729 m Höhe. Ein wenig ärgerten wir  uns darüber, dass wir die Highlights der Strecke, den Thoerisjökull und den Vulkankrater Ok nichts zu sehen bekamen, aber Island war halt Island, das konnte in einer Stunde schon anders sein. Bei der Ankunft auf der Passhöhe hatten wir bereits ca. 2/3 der Tagesstrecke geschafft. Wir  waren reichlich durchgeschwitzt und hielten uns bewusst nicht lange auf, um nicht auszukühlen.

Auf der ca. 24 km langen Abfahrt kamen wir, mal abgesehen von winzigen Zwischensteigungen, zügig voran. Unser Tagespensum war so gut wie geschafft, als wir rechts von uns ein starkes Rauschen hörten. Der Fluss, dem wir immer näher kamen, hieß Gelta. Er begleitete uns im Kaldidalur schon einige Kilometer. Der Abstand war auf dem ersten Teilstück jedoch so groß, dass er vorher nicht zu sehen war. An der Stelle wo das Rauschen laut wurde, presst sich der Fluss zwischen Felswänden hindurch.

In Husafell hatten wir eher mit der „Sparversion“ eines Campingplatzes gerechnet und gehofft, dass es wenigstens eine Dusche gab. Vor Ort trafen wir dann auf einen gut ausgestatteten recht großen Platz mit Duschen, Waschmaschine und Trockner, einem kleinen Einkaufsladen und Restaurant. Viele Isländer waren gerade damit beschäftigt, sich für die Abreise zu rüsten. Es war Sonntag und deren Wochenendurlaub ging zu Ende.

Husafell ist ein kleiner Ort in der Nähe von Reykholt im Reykholtsdalur (dalur = Tal). Von touristischem Interesse sind die in der Nähe befindlichen Lavawasserfälle Hraunfosar und Barnafoss, die wir am nächsten Tag besuchen wollten.

 


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 04.Tag: Am Hraunfossar und Explosionskrater Grabok

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
05.07.2010 110 370 990 3160 Camping

 

Unser erstes Tagesziel, die Hraunfossar, befinden sich nur 7 km westlich von unserem Übernachtungscampingplatz in Husafell. Die Hraunfossar sind Wasserfälle des Flusses Hvita. Der Name leitet sich davon ab, dass die kleinen Wasserfälle direkt aus der Lava (hraun) zu entspringen scheinen. Auf einer Länge von knapp einem Kilometer strömt in über hundert kleinen Wasserfällen schäumend und sprudelnd Wasser aus dem schwarzen Lavagestein. Der Grund liegt etwas weiter flussaufwärts. Ein kleiner Seitenarm der Hvita versickert in der porösen Lava und fließt unterirdisch auf einer etwas tiefer gelegenen, wasserundurchlässigen Basaltschicht weiter. Im Bereich der Hraunfossar kommt das Wasser in Form der unzähligen kleinen Wasserfälle wieder zu Tage. Wir liefen kurz über eine Brücke auf die andere Seite des Flusses, um die Wasserfälle aus einer anderen Perspektive zu fotografieren, machten uns dann aber wieder zügig auf den weiteren Weg.

Den nächsten Zwischenstopp hatten wir in Reykholt. Bei unserer Ankunft wirkte der kleine Ort vollkommen verschlafen. Es war noch keine 09:00 Uhr, die links von der Straße befindliche Tankstelle hatte noch geschlossen und der Besitzer war wohl gerade damit beschäftigt, seinen kleinen Laden aufzuräumen. Er gab uns den Hinweis, dass er in ca. 15 Minuten öffnen würde, deshalb musste der Kaffee noch warten und wir radelten zunächst einmal in den Ort.

Verschiedenen Reiseführern konnte man entnehmen, dass dieser doch so unscheinbar wirkende Ort im Mittelalter eine besondere Bedeutung besaß. Er war eines der geistigen Zentren Islands und beherbergte lange Zeit eine der bedeutendsten Schulen des Landes (1930 – 1997). Obwohl die Schule inzwischen geschlossen wurde, werden noch heute in einem Zentrum zur Erschließung mittelalterlicher Literatur Vortagsabende gehalten. Reykholt ist Pfarrsitz seit dem Mittelalter. Die noch erhaltene ältere Holzkirche stammt aus den Jahren 1886-1887.

Der Ort ist darüber hinaus eng mit dem Namen des Goden Snorri Sturluson (1179-1241) verbunden, der einer der größten Dichter und bedeutendsten Politiker im mittelalterlichen Island war. Er verbrachte den Großteil seines Lebens in Reykholt, konnte aber selbst durch eine Befestigung seines Hauses nicht verhindern, dass er in der turbulenten Zeit ermordet wurde. Snorri Sturluson schrieb an diesem Ort seine bedeutendsten Werke, u. a. die Geschichte  der norwegischen Könige (Heimskringla), sowie die poetische Edda. Im Ort findet man vor der staatlichen Dokumentensammlung eine Statue von Snorri, von der wir aber leider kein Foto gemacht haben. Danach gab es dann an der Tankstelle endlich eine Tasse Kaffee.

Von Reykholt bis zur westlich gelegenen Ringstraße waren noch gut 21 km zu fahren, die aber aufgrund des in Fahrtrichtung blasenden Windes schnell geschafft waren. An der Einmündung zur Straße Nr. 1 befindet sich eine Tankstelle. Dort aßen wir eine Kleinigkeit, um unsere Energietanks wieder mit den nötigen Kraftreserven zu füllen.

Danach folgten wir der Ringstr. Nr.1 in nordöstlicher Richtung, bis wir nach gut 12 km den Explosionskrater Grabrok vor uns sahen. Der Explosionskrater liegt auf der linken Seite direkt an der Ringstraße inmitten eines 3000 Jahre alten Lavafeldes. Er besteht aus drei karg aussehenden kraterartigen Erhebungen, die keine eigenständigen Vulkane sind. Sie entstanden aufgrund hohen Drucks in einem Lavastrom. Der Überdruck entsteht, wenn sich große Gasmengen von der Schmelze trennen. Die Gasblasen explodieren dann und sprengen das „Dach“ des Lavastroms weg.

Etwas vor dem Explosionskrater befindet sich auf der linken Fahrbahnseite ein altes Restaurant. Das Gebäude sah ziemlich heruntergekommen aus und hatte wohl schon bessere Zeiten gesehen. Essen wollten wir dort ja nicht, insofern war das kein Problem, aber ein leckeres Eis aus der Truhe genehmigten wir uns. Im Gebäude hang eine Luftaufnahme des Explosionskraters, die schon ein wenig älter war. Das Foto von der Luftaufnahme ist nachstehend zu sehen.

Etwa 5 km weiter bogen wir von der Ringstr. Nr. 1 in die Str. Nr. 60 ab. Obwohl die Ringstr. Nr. 1 im Vergleich zu einer deutschen Bundesstraße noch mäßig befahren war, freuten wir uns darauf, den LKW-Verkehr der in den Norden Islands fuhr, hinter uns zu lassen. Kaum auf die 60 in Richtung Budardalur unserem Zielort eingebogen, wurde es schlagartig ruhig. Die Straße durch das Sudurardalur bis auf eine Höhe von 412 m ließ sich bei dem tollen Wetter wunderschön befahren.  Es waren keine besonders schwierigen Steigungen zu bewältigen, was gab es Schöneres als in Ruhe einfach dahin zur radeln.

Die 90 Kilometer, die wir mit unseren Rädern und Gepäck an dem Tag bereits geradelt waren, hatten schon ein wenig an unseren Kräften gezehrt. Insofern waren wir froh, als wir nach 109 km den Campingplatz in Budardalur erreichten. Der Platz war kaum belegt, deshalb fiel die Stellplatzwahl leicht. Wir fanden ein von Hecken umgebenes Plätzchen, das uns einigermaßen vor dem Wind schützte, Duschen konnten wir im nahegelegenen Schulgebäude. Den Abend verbrachten wir in einem etwa 500 m entfernten Restaurant.

 


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 05.Tag: Ein Kampf gegen den Wind in der Tröllatunguheidi

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
06.07.2010 80 450 1080 4240 Camping

 

Zwei Pässe standen an dem Tag auf dem Programm. Der erste ca. 240 m hoch, brachte uns durch das Svinadalur, der zweite mit einer Spitzenhöhe von 390 m über die Tröllartunguheidi. Um unseren Zielort Holmavik zu erreichen, wurden wir den ganzen Tag über mächtig gefordert. Der Grund lag im ständig mit einer geschätzten Windgeschwindigkeit zwischen 40 und 50 km/h blasenden Gegenwind. Selbst auf den Abfahrten war es teilweise erforderlich mitzutreten. Dabei hatten wir sogar noch Glück. Neben der ursprünglichen alten schlechteren Straßenführung über die Tröllartunguheidi (Str. 605) hatte man inzwischen die Str. 61 gebaut. Sie war etwas grob asphaltiert, aber auf jeden Fall leichter zu befahren als die alte Piste.

Etwa 2,5 km vor dem Damm über den Gilsfjoerdur befindet sich auf der rechten Seite eine Tankstelle, die gleichzeitig auch die Möglichkeit bietet, eine Kleinigkeit zu essen oder nur einen Cafe zu trinken. Vor dem Restaurant standen schon drei mit Gepäck beladene Fahrräder, die einer kanadischen Radlergruppe gehörten. Die zwei Frauen und ein Mann saßen im Restaurant und begrüßten uns herzlich. Während unseres Aufenthalts tauschten wir Informationen über die noch vor uns liegenden Strecken aus. Von ihnen erhielten wir auch den Hinweis, dass man über die neue Str. 61 bereits radeln konnte. Ohne die Erkenntnis wären wir vorher schon auf die alte Straßenführung eingebogen.

Nach der Stärkung trafen wir draußen noch einen Niederländer, der mit dem Rad bereits 4 Wochen auf Island unterwegs war, danach machten wir uns auf den weiteren Weg. Die Steigung über die Tröllartungurheidi war eher moderat. Sie schwankte meist so zwischen 7 und 9 % und stellte eigentlich kein Problem dar.  Verbunden mit dem starken Gegenwind sah die Situation aber schon ganz anders aus. Kräftezehrend kurbelten wir uns mit 6-7 km/h den Pass hinauf, hielten aber immer mal wieder an, um etwas zu trinken oder nur zu verschnaufen. Bis zur Passhöhe waren ziemlich genau 10 km zu radeln, für die wir alleine, Pausen eingerechnet, knapp 2 Std. benötigten. Dann war es aber geschafft! Die 21 Abfahrtskilometer würden ja wohl das geringste Problem darstellen.

Holmavik konnten wir schon frühzeitig am Steingrimmsfjoerdur liegen sehen. Ein kleiner Ort mit knapp 400 Einwohnern, deren Bewohner von der Schafzucht und von der Fischereiindustrie leben. Holmavik ist nicht so alt, wie teilweise andere isländische Städte, besitzt aber durch seinen Hafen und den vielen älteren Gebäuden seinen besonderen Reiz. Das älteste Gebäude der Stadt, heute Cafe Riis, wurde 1897 gebaut als der Händler Richard P. Riis dort einen Handelsposten errichtete.

Den Campingplatz, der direkt an der Zufahrtstraße liegt, konnten wir nicht übersehen. Direkt dahinter befindet sich das Schwimmbad des Ortes, das wir nach dem Zeltaufbau natürlich aufsuchten. Es besitzt eine großes beheiztes Außenbecken und kleinere Becken, die unterschiedlich beheizt waren. Die Krönung gegen Ende unseres Besuches war dann noch dern Gang in ein Dampfbad.  

Am späten Nachmittag liefen wir in den Ort und staunten darüber, dass viele Häuser orangefarben geschmückt waren. Dass der Ort fest in niederländischer Hand (WM 2010) war, konnten wir nicht so recht glauben. Klarheit brachte ein Passant, den wir einfach danach fragten. Er sprach von einem Dorffest das mehrere Tage dauerte, jetzt aber beendet sei.

Den Abend verbrachten wir im Cafe Riis. Im Nebenraum lief auf einem riesigen Flachbildschirm das Weltmeisterschaftspiel zwischen der Niederlande und Uruguay, das die Niederlande 3:1 gewann. Hatten die Bewohner Holmaviks mit ihrem orangen Schmuckwerk vielleicht doch Unterstützung geleistet?

 


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 06.Tag: 18 m/s Wind auf der Steingrimsfjardarheidi

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
07.07.2010 90 (PKW) 450 900 (PKW) 4240 Camping

 

Als wir am Morgen Holmavik mit unseren hochbepackten Rädern verließen, konnten wir noch nicht ahnen, dass das kein endgültiger Abschied war. Ursprünglich wollten wir mit den Rädern über die Steingrimsfjardarheidi und den Eyrarfjal nach Heydalur radeln, bekamen aber erhebliche Bedenken, als wir die Anzeigetafel am Ortsausgang sahen. Für die Passhöhe war eine Windgeschwindigkeit von 18 m/s Wind angekündigt, wer hätte es anders erwartet, für uns natürlich von vorn. Die an dem Morgen bereits kräftezehrend gegen den Wind geradelte  kurze Strecke und die angekündigte Temperatur von 6 Grad Celsius gaben uns den Rest. Unsere Stimmung war kurzfristig auf dem Nullpunkt. Die Etappe nach Heydalur war auch ohne Wind schon anspruchsvoll genug, zwei Pässe, davon einer auf nicht asphaltiertem Grund. Nach der Gegenwinderfahrung vom Vortag nun 95 km, die Hälfte davon bergauf, stramm gegen den Wind, nein das wollten wir uns nicht zumuten. Welche Alternativen gab es? Eine weitere Nacht in Holmavik zu verbleiben, würde unsere Tagesplanung durcheinanderwerfen. Vielleicht half das auch nicht, weil der Wind am nächsten Tag genauso blies. Wir entschlossen uns, erst einmal zurück in den Ort zu radeln.  

Die Lösung unseres Problems fanden wir in der Touristikinformation. Sie befindet sich im Ortszentrum, nicht weit vom Cafe Riis. Als wir dem netten Isländer dort unsere Situation schilderten, wurden wir erst einmal mit Kaffee versorgt. Danach telefonierte er mehrere Male, bis eine Lösung gefunden war. Eine halbe Stunde später luden wir unsere Räder auf einen Hänger. Ob es sich um ein Taxiunternehmen handelte oder privat organisiert worden war, wussten wir nicht, Hauptsache wir kamen nach Heydalur.

Die gesamt Fahrt dauerte etwa 1 3/4 Stunde und kostete uns 15.000 isländische Kronen. Es war uns egal, wir hatten eine Lösung für unser Problem gefunden und ein Zwangsruhetag vor der langen Etappe nach Isafjoerdur sollte uns gut tun.

Bei der Ankunft in Heydalur wurden wir von einer älteren Dame empfangen, die sich sofort um uns kümmerte. Uns war bekannt, dass es in Heydalur einen Campingplatz und ein Farmhaus gab. Nicht bekannt war uns, dass dort darüber hinaus noch Zimmer vermietet wurden, die sich in verschiedenen Nebengebäuden befanden. Auf unsere Nachfrage hin bekamen wir die Auskunft, dass am Abend noch einige Gäste erwartet wurden. Aus dem Grund war kein Zimmer mehr frei. Mangels Alternative entschieden wir uns für den Campingplatz, schoben unsere Räder zum Campingplatz hinunter und bauten das Zelt auf. Die ältere Dame, die uns empfangen hatte, hieß Stella und war eine pensionierte Schulleiterin aus Reykjavik. Sie organisierte dort einfach alles! Einige junge Mädchen und zwei männlichen Jugendliche (Schüleraustausch?!) halfen ihr bei der Arbeit und es funktionierte tadellos.

Nach dem Zeltaufbau erkundeten wir ein wenig die Umgebung, wir hatten ja durch unsere frühe Ankunft bedingt sehr viel Zeit. In Heydalur konnte man anscheinend viele Dinge unternehmen. Es bestand die Möglichkeit zu reiten, man konnte sich Boote mieten oder einfach nur schwimmen gehen.

Nachdem wir den Nachmittag fast alleine in dem großen ausgebauten Saal verbracht hatten, wurde es abends voller. Die angekündigte Reisegruppe erschien. Es handelte sich wohl um eine Gruppe deutscher Lehrer, vermutlich teilweise bereits im Ruhestand. Für uns wurde es nach einem leckeren Abendessen Zeit, nach oben zu gehen. In dem Gebäude gab es eine weitere Etage, in der es einen Aufenthaltsraum mit Fernseher gab. An dem Abend lief das Halbfinalspiel der WM 2010 zwischen Deutschland und Spanien. Spanien schickte Deutschland leider nach Hause.

 


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 07.Tag: Ein langer Tag, oder 140 km durch die Westfjorde

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
08.07.2010 140 590 960 5190 Edda-Hotel

 

Mit einer der jungen „Austauschschülerinnen“ hatten wir am Abend zuvor vereinbart, dass wir bereits um 08:00 Uhr frühstücken konnten. Sie hatte natürlich mit Stella vorher Rücksprache gehalten, denn ohne die pensionierte Schulleiterin lief im Heydalur nichts. Wir hatten ein großes Interesse daran, nicht zu spät zu starten, uns stand schließlich die längste Etappe über knapp 140 km bevor.

Um 08:00 Uhr morgens war das Frühstück fertig. Wir stärkten uns reichlich, unterhielten uns noch kurz mit ein paar deutschen Frühaufstehern und radelten dann los. Die Wetterlage war nicht so toll! Es war nasskalt und dunstig, die Temperatur lag bei etwa 6 Grad Celsius, ein geeigneter Grund, ordentlich in die Pedale zu treten. Warm zu werden war kein Problem, denn der Wind blies, wenn auch nicht mit der Kraft des Vortages, reichlich von vorn. Sehr schnell bemerkten wir, dass uns die vom Rennradfahren vertraute Nutzung des „Belgischen Kreisels“ sehr hilfreich war. Alle paar hundert Meter wechselten wir die Position, so dass jeder mal für kurze Zeit im Windschatten des Anderen kam. Nach 12 km sahen wir die rechts vor uns liegende neue Brücke über den Mjoifjoerdur, ab dort radelten wir wieder auf asphaltiertem Grund.

In den Genuss eines Rückenwindes kamen wir erst nach 32 Tageskilometern, als die Straße in den Skotufjoerdur schwenkte. Islands Westfjorde gehen tief bis in das Landesinnere und kosten Kraft, das hatten wir schon auf den ersten 32 km bemerkt. Die Fahrt in den Skotufjoerdur hinein war im Gegensatz zu den ersten Tageskilometern ein reiner Genuss. Die 20 Kilometer „flogen“ wir mit dem Rückenwind nur so dahin, bis das Fjordende erreicht war, danach begann das Spiel von vorn! Kurbeln, kurbeln und nochmals kurbeln, dazu ein ständiger Fahrerwechsel, das klappte auch, ohne überhaupt miteinander zu kommunizieren. 10 km radelten wir wieder gegen den Wind, bis wir links von der Straße Schilder mit den Aufschriften „Litlibaer“ und „Welcome“ sahen. Wir wurden natürlich neugierig! Nach bereits 62 Tageskilometern würde eine Pause gut tun und was gab es dort zu sehen?

Litlibaer war ein Highlight des Tages. Schon die Atmosphäre beim Empfang bereitete Freude. Ein ca. 12 Jahre alter Junge empfing uns herzlich  und sprach uns direkt in englischer Sprache an. Er zeigte uns einen Gastraum und sprach im Hintergrund wohl immer mit seiner Oma, die kein Wort englisch verstand. Kurz darauf wurden uns Waffeln mit Sahne und Kaffee gereicht.

Draußen auf einer Hinweistafel standen einige Angaben über Litlibaer, die ich hier einmal wiedergeben möchte: Litlibaer (der kleine Hof) wurde 1895 erbaut. Die Hauswiese ist durch eine geschichtete Steinmauer abgegrenzt und misst rund 3 Hektar. Die Bewohner lebten vom Fischfang und der Landwirtschaft. Die Grundfläche des Hauses beträgt nicht mehr als 3,9 x 7,4 m. In der Nähe lagen zwei Häuser, die als Küche dienten. Zeitweise wohnten bis zu 20 Personen in Litlibaer. Das Anwesen war bis 1969 bewohnt. Knapp südlich der Heuwiesenmauer liegen Grundmauern einer ringförmigen Hütte, dessen Steinschichten vermutlich älter sind als Litlibaer selber.

Im Lilibaer gab es interessante Sachen zu sehen, die natürlich fotografiert werden mussten.Island war eine Welt für sich, das konnte man hier wieder spüren. Wer war 1895 wohl auf die Idee gekommen, sich hier vollkommen abgeschieden und alleine niederzulassen? Wir unterhielten uns eine Zeit lang mit dem Jungen, der von seinen Ferien erzählte und eigentlich aus  Reykjavik kam. Jetzt half er seiner Oma und fand diese Aufgabe vollkommen normal.

Eine gute halbe Stunde hielten wir uns dort auf, danach ging es weiter. Sehr schnell fanden wir wieder unseren Rhythmus und kämpften mit den Rädern durch den Wind. Etwa 45 Minuten später kamen uns in der Ferne im Hestfjoerdur zwei Radlerinnen entgegen. Wir hatten die beiden Amerikanerinnen kurz beim Start am Alex Campingplatz kennengelernt, aber keine Fahrtrouten ausgetauscht. Es war schon ein wenig lustig, sich nach hunderten von Kilometern ausgerechnet hier in den Westfjorden zu treffen. Wir unterhielten uns ein wenig mit ihnen, machten uns dann aber auf den Weg. Schließlich lagen noch 64 km Fahrstrecke vor uns.

Bis Isafjoerdur benötigten wir noch fast 5 Std. In der Gesamtzeit enthalten ist eine längere Pause im kleinen Ort Sudavik, einem Fischerort im Alftafjoerdur mit nur 200 Einwohnern. In die Schlagzeilen kam der Ort im Jahr 1995, als ein Lawinenabgang 22 der 70 Häuser zerstörte und 14 Menschen tötete. Man baute einen Teil des Ortes wieder an einer anderen Stelle auf, was die heutige Zersiedlung erklärt.

Als wir Isafjoerdur erreichten, waren unsere Kräfte ziemlich aufgebraucht. 140 km hatten wir uns durch die nasskühle Luft und bei teilweise starkem Gegenwind mit 30 kg Gepäck bis nach Isafjoerdur gekämpft. Ein warmes Hotelzimmer war die richtige Belohnung. Wir ließen den Campingplatz links liegen und radelten bis ins Zentrum, um Ausschau nach einem Hotel zu halten.  Im „Isafjoerdur“ im Ortszentrum waren alle Zimmer ausgebucht, deshalb fiel unsere Wahl letztendlich auf das am Ortseingang befindliche Edda-Hotel.

Nach einer Dusche fühlten wir uns wieder erheblich besser, liefen in den Ort und fanden an der Pollgata kurz vor dem Hafen auch eine Art Restaurant/Jugendkneipe, indem wir den Abend verbrachten. Die Speisekarte war etwas beschränkt, wir waren aber zufrieden.

 


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 08.Tag: Eine Tunnelfahrt über 6 km, Idylle am Dynjandi

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
09.07.2010 94 684 1360 6550 Camping

 

Isafjoerdur, das Wirtschafts- und Verwaltungszentrum der Westfjorde liegt zwischen schroff abfallenden Berghängen auf einer Sandbank mitten im Skutulsfjoerdur. Die Sandbank wurde über die Jahre hinweg immer wieder aufgeschüttet, um die Fläche der Stadt zu vergrößern, mit dem Erfolg, dass die Stadt fast von einer Fjordseite des Skutulsfjoerdur bis auf die andere reicht. Gleichzeitig entstand ein wirkungsvoll geschützter Hafen.

Als erster Siedler wird in den Geschichtsbücher der Name Helgi Hrolfson aufgeführt, der im Jahr 920 dem Skutulsfjoerdur angeblich seinen Namen gab, als er an dieser Stelle eine Harpune am Strand fand (skutull = Harpune). Es folgten ihm norwegische und isländische Händler, später im 16. Jahrhundert gründeten deutsche und englische Firmen dort ihre Handelsniederlassungen. Aus der Zeit des dänischen Handelsmonopols stammen noch einige alte Häuser im Umfeld des Hafens. Die verkehrs- und versorgungstechnische Bedeutung wird insbesondere durch den Flughafen deutlich, an dessen Landebahn wir am Abend zuvor ja noch vorbeigeradelt waren.

Morgens radelten wir als Erstes ein wenig durch die noch ruhigen Straßen des Ortes und wunderten uns über die vielen Jungendlichen in gelben Warnwesten. Sie hatten in den Ferien wohl die Aufgabe bei der Straßenreinigung zu helfen, mit erstaunlichem Erfolg. Der Ortskern war absolut sauber, Papier oder sonstigen Unrat sah man nirgends.

Danach ging es weiter in Richtung Hafen. In einem der ältesten Häuser, das 1744 erbaut wurde, befindet sich das Fischereimuseum, das einen Überblick über die Geschichte der Stadt vermittelt und einiges über den Fisch- und Walfang „erzählt“. In der jüngeren Geschichte war die Einführung der EU-Quotenregelung für Isafjoerdur ein besonderer Einschnitt. Eine Fischfabrik musste geschlossen werden, ebenso die Shrimpsanlage. In dieser wird aktuell Sushi für den Export nach Westeuropa produziert.

Um kurz nach 10:00 Uhr starteten wir mit unseren Rädern in Richtung Ortausgang. Am Ende des Skutulsfjoerdur gibt es einen Bonus-Supermarkt, in dem wir uns zunächst mit den nötigsten Lebensmitteln eindeckten, danach ging es bergauf in Richtung Süden. Die Str. 60, der wir nun folgten, führt bis auf eine Höhe von 200 Metern. Ab der Höhe führt sie durch einen 6 km langen beleuchteten Tunnel, der aber für uns Radler eher unproblematisch war. Gut  ausgeleuchtet und kaum frequentiert (uns überholten max. 5 Pkw), radelten wir bei minimaler Steigung bis zum Straßenabzweig nach Sudureyri, danach ging es mit leichtem Gefälle geradeaus weiter bis zum Tunnelausgang.

Vom Tunnelausgang bis hinunter zum Oenundarfjoerdur waren nur noch 3km zu radeln, eine Strecke, auf der wir die Räder einfach laufen ließen. Danach kurbelten wir zum Gemlufall hinauf. Die 275 Höhenmeter waren zügig geschafft, bereits um 12:45 Uhr  standen wir auf der Passhöhe und blickten nach Süden. Auf der anderen Seite des Dyrafjoerdur konnte man den Ort Thingeyri bereits liegen sehen. Auf der Abfahrt in Richtung Dyrafjoerdur sahen wir links von uns zwei Holzpfähle und eine Tafel, die wohl der Isländische Verein Westvikings (www.westvikings.info) dort angebracht hatte. Ein wenig neugierig geworden, schauten wir uns das mal etwas näher an.

Hinweise über diesen Ort fand ich später zu Hause im Internet auf der o.a. Internetseite. Es handelt sich wohl um ein Projekt, dessen historischer Hintergrund die Gísla Saga Súrssonar bildet. Eine Isländersaga aus dem 10. Jahrhundert, die zur Zeit der Landnahme Islands durch die Wikinger spielt. Die Überlieferung der Saga geht auf Handschriften aus dem 15. bis 18. Jahrhundert zurück. Sie verfolgt das Schicksal des Helden Gísli und seiner Familie. Liebe und Eifersucht, die zu Streit und Mord führen, prägen die Handlung der Saga, die kaum durch Nebenepisoden unterbrochen wird und daher fast wie ein moderner Krimi gelesen werden kann. Die Saga beginnt in Norwegen und spielt dann, nach der Übersiedlung der Familie nach Island, ausschließlich in den Westfjorden. Ihre Schauplätze können vom ortskundigen Besucher nahezu so aufgefunden werden, wie sie in der Saga beschrieben werden. Die dramatische Szenerie der Westfjorde gibt der ohnehin schon spannenden Erzählung eine würdige Kulisse. Die Saga greift das “Outlaw-Romantik-Image” der Westfjorde auf, deren Bewohner in damaliger Zeit wahre Überlebenskünstler im Kampf mit den Naturgewalten waren. Wie gut, dass diese harten Zeiten, wo Mord und Totschlag zur Tagesordnung gehörten, vorbei waren.

Thingeyri lag auf der anderen Fjordseite ja fast zum Greifen nah, um den Fjord herum waren es aber noch 20 km. Als wir den kleinen Ort nach 53 Tageskilometern erreichten, war es erst 14:30 Uhr. Wir hatten das Ende der geplanten Strecke bereits erreicht, überlegten aber, ob wir in dem Ort blieben. Zunächst trafen wir auf ein tolles altes Kaffeehaus, das uns ideal schien, um über den weiteren Tagesablauf zu beraten und eine Kleinigkeit zu essen.

Der Gedanke noch bis zum Dynjandi-Wasserfall zu radeln war schnell da. Allerdings schien uns die Zeit ein wenig knapp um die zusätzlichen 570 Höhenmeter und 40 km Fahrstrecke bis zum frühen Abend zu schaffen. Bis spät in den Abend hinein wollten wir nach der gestrigen Etappe über 140 km auch nicht radeln. Die Lösung war relativ schnell gefunden. Im Hotel Sandafell bestellten wir uns ein Taxi mit Hänger und ließen uns die ersten 9 km den Pass hinauffahren. Dadurch hatten wir erheblich Zeit gewonnen, die 30 km bis zum Dynjandi Wasserfall sollten dann noch machbar sein. Die Abfahrt auf der festen Lehmpiste machte sehr viel Spaß. Wir freuten uns darüber, dass unser kleiner Coup mit dem Taxi funktioniert hatte und sahen tief unten den Arnarfjoerdur liegen. Unten am Fjord in Hrafnseyri gibt es wohl etwas abseits von unserer Fahrtroute ein Cafe und eine Tankstelle (Hinweisschilder), wir radelten aber weiter und ließen diese links liegen. Zum Greifen nah, dachte man jedes Mal, wenn man den Dynjandi Wasserfall weit entfernt liegen sah. In Luftlinie nur noch 12 km entfernt, waren für uns jedoch noch 22 km zu radeln. Immer wieder forderte uns das leicht wellige Terrain ein wenig.

Der Dynjandi ist der höchste Wasserfall im Gebiet der Westfjorde. Er liegt am Arnarfjoerdur, an dessen Ufern wir bereits seit zwei Stunden entlangradelten. Er stürzt sich von der Hochebene Dynjandisheidi über zahllose Stufen über 100 m in die Tiefe und wird dabei immer breiter. Im 19. Jahrhundert besaß der Wasserfall noch den Namen Fjallfoss, sein heutiger Name bedeutet wohl so viel wie „Dröhner“, d.h. dass sein lautes Dröhnen des fallenden Wassers über große Entfernungen zu hören ist. Im Sommer stürzen dort bis zu 8 Kubikmeter Wasser pro Sekunde hinunter, im Winter etwa die Hälfte.

Als wir den Campingplatz am Dynjandi erreichten, war es kurz nach 19:00 Uhr, unsere Zeitplanung hatte relativ gut funktioniert. Einige Tagestouristen hielten sich dort noch auf, von Rummel aber keine Spur. Ein Toilettengebäude ohne Duschen macht erfinderisch. Nur in Radlerhose bekleidet ging es in den Wasserfall. Etwas kalt sicherlich, aber anschließend war die Müdigkeit vom Radeln weg. Nachstehend noch ein paar Fotos von unserem Abend am Dynjandi.

 


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 09.Tag: In der Dynjandisheidi und mit der Fähre nach Stykkisholmur

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
10.07.2010 51 735 900 7450 Hotel Breidafjödur

 

Was war das für ein wunderschöner Morgen? Die Sonne schien, die Atmosphäre am Dynjandi war  einzigartig. Während zwei andere Radler ihre Sachen schon fast gepackt hatten, ließen wir uns Zeit. An dem Tag stand nur eine Fahrt über 51 km auf dem Programm. Auf der Strecke gab es zwar zwei Pässe mit einer Höhe von je knapp über 500 m, dazwischen eine Senke (300 m), das sollte aber ohne zeitlichen Druck zu schaffen sein.

Die Fahrt hinauf auf die Dynjandisheidi war stellenweise nicht leicht. Immer wieder nahm die Steigung kurzfristig zu, so dass wir bereits am frühen Morgen ordentlich ins Schwitzen kamen. Die nicht asphaltierte Piste ließ sich aber relativ gut befahren, optisch hatte sie durch das Farbenspiel sogar einen besonderen Reiz. Für den Anstieg bis auf die Dynjandisheidi benötigten wir ca. 1 ½ Stunden, danach ging es steil bergab bis in die Senke, die auf einer Höhe von 307 m liegt. Von dort hat man einen tollen Blick in den Sudurfirdir mit einem einsamen Gehöft. Ein paar Kilometer weiter war es dann geschafft. Auf den letzten 200 Höhenmetern des Tages hatten wir noch ein kurzes Stück mit ca. 11 % Steigung zu bewältigen, ansonsten war die Steigung aber eher moderat und gut zu befahren.

Auf dem nächsten Foto sieht man den Berg Breidafell, vor dem die Str. 63 rechts nach Bildudalur führt. Unsere weitere Route sieht man in der Senke, sie führte dort weiter geradeaus  nach Flokalundur hinunter zum Meer. Auf der Abfahrt nach Flokalundur hielten wir mehrere Male, um Fotos zu machen. Kurz vor dem Meer entdeckten wir dann eine Statue, deren Bedeutung uns bis heute nicht klar ist. Evtl. handelte es sich um eine Art Wächter des Tales.

In  Flokalundur gibt es eine Tankstelle, einen Campingplatz und ein Restaurant, das zum Hotel „Flokalundur“ gehört. Die Gebäudeansammlung, von Ort kann man wohl kaum sprechen, liegt etwa 6 km vom Fährhafen Brianslaekur entfernt direkt am Meer. Unsere Planung sah vor, am Abend um 19:00 Uhr mit der Fähre nach Stykkisholmur überzusetzen. Wir wollten die Westfjorde verlassen, um unsere Reise auf der Halbinsel Snaefellsnes fortzusetzen. Neugierig wie wir waren, radelten wir nach einer Pause die 6 km nach Brianslaekur, um uns den Fährhafen anzusehen. Gleichzeitig hatten wir die Hoffnung, dort eine Kleinigkeit essen zu können. Vor Ort trafen wir auf einen menschenleeren Fährhafen und ein abgeschlossenes Gebäude, in dem man wohl kurz vor der Fahrt die Fahrkarten kaufen konnte, ansonsten nichts. Mangels Alternative radelten wir die 6 km wieder zurück nach Flokalundur und machten es uns im Hotelrestaurant bequem.

Den weiteren Nachmittag verbrachten wir damit, unsere Räder zu reinigen und unsere Ausrüstung zu kontrollieren. An der Tankstelle fanden wir dafür einen geeigneten Platz. Etwas später starteten wir dann unseren zweiten Versuch und radelten wieder nach Brianslaekur. Wir waren noch immer etwas zu früh, aber immerhin warteten schon zwei weitere Personen darauf, dass jemand erschien. Exakt zwei Stunden vor unserer Abfahrt war es dann tatsächlich so weit, das Gebäude wurde geöffnet.

Etwa eine halbe Stunde vor unserer Abfahrt erschien die Fähre am Horizont. Nicht voll beladen verließen vielleicht 10 PKW den Laderaum, darüber hinaus ein paar Menschen, die möglicherweise ihre Autos im Fährhafen geparkt hatten. Danach waren wir dran. Unsere Räder kamen mit auf die PKW-Ladefläche und wurden am Rand festgezurrt.

Den Fährbetrieb zwischen Brianslaekur und Stykkisholmur gibt es bereits seit dem Jahr 1926. Die Fähre, mit der wir fuhren, war im April 1990 vom Stapel gelaufen und hatte ein Fassungsvermögen von 200 Personen und 20 Pkw. Seit Beginn des Fährbetriebes war es das siebte Schiff, das diese Route befuhr. Auf dem Weg nach Stykkisholmur gibt es einen Zwischenstopp auf der kleinen Insel Flatey. Die Fahrt bis dorthin dauerte etwas über eine Stunde.

Die im Breidafjoerdur gelegene Insel Flatey wurde durch den Fund des nach ihr benannten „Flateyjarbok“ berühmt. Bei dem Buch handelt es sich um die größte und prachtvollste Handschrift Islands, die vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts entstand. Auf über 200 Pergamentseiten wurden damals Sagas (Geschichten) niedergeschrieben und mit Illustrationen versehen. Bei den Sagas handelt es sich um eine Mischung aus erdichtetem Roman und festgehaltenen historischen Fakten. Inhaltlich befassen sich die Sagas im Flateyjarbok mit den norwegischen Königen und der Entdeckung Amerikas. Für die Erstellung des Buches benötigte man damals die Häute von 113 Kälbern. Irgendwann gelangte die Schrift in den Privatbesitz eines Bauern auf Flatey, wo sie sich bis 1647 befand. Dann erhielt sie der Bischof von Skaltholt als Geschenk, später der dänische König. Im Jahr 1971 wurde sie aus der Königlichen Bibliothek Kopenhagens nach Reykjavik zurückgebracht.

Die Fahrt bis nach Stykkisholmur dauert noch knapp zwei Stunden. Bei der Ankunft war es bereits 22:00 Uhr und dennoch fast taghell. Die Sonne, die flach auf den Ort strahlte, erzeugte eine interessante Stimmung und Farbwirkung in den angestrahlten Gebäuden.

Auf der Suche nach einem Hotel radelten wir noch kurz durch den Ort, wurden aber ziemlich schnell fündig. Etwa um 23:00 Uhr machten wir uns noch zu Fuß auf den Weg, um  ein wenig von der Abendstimmung einzufangen und in den Genuss eines leckeren Biers zu kommen.

 


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 10.Tag: Das Haifischmuseum von Bjarnahoefn

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
11.07.2010 86 821 630 8080 Hotel Hellisandur

 

Für Island schon fast ungewöhnlich, die Wetterlage blieb stabil. Bevor wir Stykkisholmur verließen, radelten wir noch kurz einmal durch den Ort. Es war Sonntag, die Nacht über war wohl noch ein wenig gefeiert worden, eine mögliche Erklärung dafür, dass in dem ansonsten so sauberen Ort eine zerschlagene Flasche am Straßenrand lag. Als wir vorbei radelten und uns auf die Scherben aufmerksam machten, hielt gerade ein Mercedes an. Ein Mann im Sonntagsstaat mit Krawatte bekleidet, sammelte die einzelnen Stücke auf und schimpfte ein wenig. Wir waren uns sicher, in Stykkisholmur blieb Müll wohl nicht lange liegen. In unserer Fantasie war das selbstverständlich der Bürgermeister persönlich.

Wir waren am Abend zuvor auf der Halbinsel Snaefellsnes angelangt, auf der Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ begann. Begibt man sich zeitlich noch weiter zurück, so stellt man fest, dass Snaefellsnes Schauplatz vieler isländischer Sagas ist und deshalb voller historischer Ereignisse steckt. Die meisten Touristen besuchen Snaefellsnes allerdings wegen des gleichnamigen Gletschers, der eine imposante Höhe von 1446 m erreicht und sportliche Aktivitäten der verschiedensten Arten erlaubt.

Wir waren an dem Morgen ja noch über 80 km vom Snaefellsjökull entfernt und radelten auf der Str. 58 nach Süden, um dann nach Westen schwenkend auf die Str. 54 zu gelangen. Imposante Bergketten lagen direkt in unserem Blickfeld, mit einem derartigen Start konnten wir sehr zufrieden sein.

17 Kilometer weiter erreichten wir das Lavafeld Berserkjarhaun, dass etwa 3500 Jahre alt und als Resultat mehrerer zeitgleicher Vulkanausbrüche eine Breite von 3 - 7 km besitzt. Mitten im Lavafeld  befindet sich der Abzweig zum Bjarnarhoefn. Ein großer Haifisch aus Metall und eine Hinweistafel weisen auf den abseits gelegenen Hof hin, auf dem es ein Haifischmuseum gibt. Man erreicht ihn über einen 3,5 km langen Stichweg, der nur auf dem letzten Stück vor dem Hof asphaltiert ist.

Bjarnarhöfn weist auf eine sehr lange Geschichte zurück, dass konnte man der Hinweistafel entnehmen: Bjarnarhöfn erhielt seinen Namen nach Björn Ketilson, einem Siedler aus Norwegen, der um 900 herum hier Land nahm. Seit dem Mittelalter gibt es hier eine Kirche. Das jetzige Gebäude, eine der ältesten Holzkirchen des Landes, stammt aus den Jahren 1856 – 1859. Etwas weiter nördlich gelangt man zur Bucht Kumbaravogur, wo im Mittelalter englische Kaufleute aus Cumberland Handel trieben. Durch das Lavafeld verläuft der sogenannte Berserker-Weg, den Viga-Styr, einer der Helden der Eyrbyggja-Saga von zwei Berserkern anlegen ließ. Nachdem diese ihr Werk vollendet hatten, tötete er sie. Ihr Grabhügel ist noch am Wegrand zu erkennen.

Der Hof, der schon von Weitem zu sehen war, ist heute auf Island weit bekannt. Der derzeitige Besitzer Hildibrandur Bjarnson hat hier ein Museum über den Fang und die Verarbeitung des Grönlandhais aufgebaut. Im Museum befindet sich auch das älteste isländische Fischerboot, das 1860 gebaut wurde und noch heute funktionstüchtig ist.  Als wir den Hof erreichten, wurden wir von der Bäuerin empfangen, die uns durch das Museum führte und eine kleine Probe Haifisch zu kosten gab. Isländern sagt man ja nach, dass sie, was ihre Küche anbelangt, ziemlich hart im Nehmen seien. Wir fanden es nicht so schlimm. Das Stückchen Hakarl, das wir zu essen bekamen, sah aus wie alter Käse und schmeckte etwas tranig nach Speck, ekeln mussten wir uns davor aber nicht.

Die auf Bjarnarhöfn lebende Familie verarbeitet seit Generationen Eishai. Der Fisch hat keine Nieren und lagert deshalb Stoffwechselgifte in seinem Körper ab. Aus diesem Grund ist er eigentlich giftig. Die Isländer haben aber eine Methode perfektioniert, die das Fleisch genießbar macht. Beim Zerlegen werden die Haibrocken  zunächst in Holzkisten gelegt, wo sie sechs Wochen vor sich hin rotten. Wochen, in denen der Ammoniak allmählich freigesetzt wird und dermaßen duftet, dass keine Fliege oder anderes Getier sich in die Nähe wagt. Das Produkt nennt sich Hakarl und hängt noch einmal vier Wochen in der trocknenden Seeluft, bis die Fischstücke von außen eine braune Färbung haben. Von innen besitzen sie eine glitschige Konsistenz, ähnlich wie Speck.

Die Bäuerin erklärte uns im Museum Einiges und führte uns im Anschluss nach draußen zu den Trockengestellen. Dort hingen große Stücke Haifisch, die fast wie Schinken aussahen. Unseren nächsten Zwischenstopp hatten wir im 25 Kilometer entfernten kleinen Ort Grundarfjoerdur. Dort gibt es eine Touristeninformation, in der wir auch einen Cafe und eine Kleinigkeit zu Essen bekamen. Vor Olafsvik hielten wir noch kurz an einem Picknickplatz, von dem man eine schöne Aussicht hat.

Olafsvik ist der erste isländische Ort, der im 17. Jahrhundert eine Handelslizenz vom dänischen König erhielt. Bis ins 19. Jahrhundert war Olafsvik für die Isländer ein wichtiger Handelsort. Zu der Zeit hielt ein in Eckernförde gebautes Schiff, die Svanen, die Verbindung zwischen Westeuropa und Island aufrecht. Das ging so lange gut, bis sie 1891 bei einem Sturm im Hafen von Olafsvik sank. 1887 wurde in Olafsvik eine der ersten öffentlichen Schulen Islands eröffnet. Die Bedeutung des Hafens ging eine Zeitlang wegen der fehlenden Anlegemöglichkeit für Motorschiffe zurück. Der Mangel wurde erst 1960 behoben, als man den Hafen entsprechend erweiterte.

Als wir in Olafsvik eintrafen, war es noch sehr früh. Deshalb entschieden wir uns weiter nach Hellissandur zu radeln. Die gut 10 km waren noch locker machbar. Am Orteingang von Hellissandur wurde vor wenigen Jahren ein recht komfortables Hotel gebaut, dass uns sofort auffiel.  Wir vermuteten zunächst, dass der Preis entsprechend hoch ausfallen würde, gingen aber trotzdem zur Rezeption. Wir bekamen einen Preisnachlass und sagten zu. Das war dann der Auftakt zu einem netten Abend, an dem wir gemeinsam mit mehreren Spaniern das WM Endspiel Spanien gegen die Niederlande ansahen. Im Hotel gab es eine große Leinwand, auf der das Spiel übertragen wurde. Die Stimmung war bei den Spaniern natürlich super, als ihre Mannschaft gewann.

Abends liefen wir noch ein wenig durch den Ort und wunderten uns über die amerikanischen Straßennahmen und „geschmückten“ Vorgärten. Was für ein Fest dort gefeiert wurde oder gefeiert worden war, konnten wir nicht klären.

 


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 11.Tag: Unsere Fahrt um den Snaefellsjökull

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
12.07.2010 115 936 700 8780 Hotel Eldborg

 

Als wir Hellissandur am Morgen verließen, konnten wir den Sendemast Gufuskalar bereits rechts von uns liegen sehen. Mit 412 Metern Höhe ist er das höchste Bauwerk Westeuropas. Er wurde 1963 für den Betrieb des Funknavigationssystems Loran-C errichtet, das aus einer ganzen Kette nordatlantischen Sender bestand. Das Loran-C System wurde 1994 abgeschaltet. Der Sendemast wurde daraufhin vom isländischen Rundfunk übernommen und dient seitdem zur Verbreitung eines Radioprogramms auf der Frequenz 189 kHz. Bei einer Sendeleistung von 300 Kilowatt können die Sendungen, optimale Ausbreitungsbedingungen vorausgesetzt, sogar in Teilen Deutschlands empfangen werden.

Im Bogen um den Snaefellnessjökull herum verläuft die Straße zunächst in südwestlicher Richtung. Aus dem Grund hatten wir zu Beginn noch reichlich Gegenwind. Erst auf der Südseite des Gletschers wurde es anders, so dass wir ab dort vom Wind geschoben wurden. Nach  11 Tageskilometern erreichten wir den Saxhollkrater. Es handelt sich um einen kleineren Krater eines Vulkans, dessen letzter Ausbruch auf einen Zeitraum zwischen 3000 und 5000 Jahren datiert wird.

Der Snaefellsjökull Nationalpark, durch den wir an dem Tag radelten, wurde am 28. Juni 2001 eingeweiht. Er soll die einzigartige Landschaft, die einheimische Pflanzen- und Tierwelt und die bedeutenden historischen Überreste schützen. Aus diesem Grund ist in diesem Bereich nicht erlaubt zu campen. Der Snaefellsjökull liegt 1446 m über dem Meeresspiegel und wurde erstmals im Jahr 1754 bestiegen. Der unter dem Gletscher liegende Vulkan entstand durch zahlreiche Eruptionen während der letzten 800.000 Jahre. Der Gipfelkrater ist 200 m tief und mit Eis gefüllt. Die letzte Eruption fand vor etwa 1800 Jahren statt. Die Lava floss damals die Südhänge hinab und bildete das Lavafeld von Drangahraun. Die Lava ist von einer dicken Moosschicht bedeckt und in den geschützten Senken wachsen viele Blütenpflanzen. Heidekraut ist weit verbreitet und im Spätsommer lassen sich Heidelbeeren und Blaubeeren ernten.

Kilometer um Kilometer kurbelten wir mit unseren Rädern so dahin, bis wir rechts von uns den Leuchtturm von Malarrif und vor uns die 60 und 75 m hohen Felszinnen von Londrangar sahen. Die Felszinnen sind die Überreste eines Vulkanschlotes. Die höhere der Säulen wird wohl die „christliche Säule“, die kleinere die „heidnische Säule“ genannt. Warum das so ist, konnten wir leider nicht klären. Etwa 4 km vor dem Ort Anarstapi befinden sich auf der rechten Seite die Überreste des Hofes Laugarbrekka und ein Denkmal für  Gudridur Porbjanardottir. Sie soll die erste europäische Frau gewesen sein, die in Amerika ein Kind zur Welt brachte.

Vor Arnarstapi führt die Straße noch an einem kleinen See vorbei. Danach muss man einige Male kräftig in die Pedale treten, um vor dem Felsen Stapafell einen Hügel zu überwinden, danach geht es aber nur noch bergab bis nach Arnarstapi. In Arnarstapi fanden wir direkt am Campingplatz ein sehr schönes Restaurant. Für uns ideal, um draußen vor dem Restaurant in der Sonne sitzend eine Mittagspause einzulegen.

Danach zog sich die Strecke ziemlich lang hin. Wir hatten bereits 60 km in den Beinen, als ich merkte, dass mein Fahrrad „schwamm“. Wir radelten gerade auf einer Gefällstrecke und Thomas befand sich ca. 200 m vor mir. Der Versuch ihm hinterherzurufen und zu stoppen misslang. Es war einfach zu windig, um mich noch zu hören und so musste ich zusehen, wie er sich immer mehr entfernte. Ich lud erst einmal meine Taschen ab, das Hinterrad hatte einen Plattfuß, der beseitigt werden musste. Eine nähere Inspektion ergab, dass der Mantel an der Seite einen ca. 1,5 cm langen Riss besaß. Tja und den Ersatzmantel und das Werkzeug hatte Thomas. Bei der hervorragenden Fernsicht nahm ich war, dass der immer kleiner werdende Punkt sich nach wie vor weiter entfernte. Er hatte mein Fehlen noch nicht bemerkt. Die Lösung brachte eine Frau, die sich mir mit dem Pkw vorsichtig näherte. Ich hielt den Wagen an und bat sie, Thomas zu stoppen und über den Radschaden zu informieren. Nach geraumer Zeit bemerkte ich, dass Thomas auf dem Rückweg war. Der Schaden war dann  schnell behoben. Den alten Mantel nahmen wir vorsorglich mit, einen weiteren hatten wir ja nicht mehr.  

Am Bjarnarfoss trafen wir auf die Einmündung der Str. 54, die eine schnelle Verbindung zwischen dem Norden und Süden der Halbinsel Snaefellsnes ermöglicht. In Langaholt hatten wir bereits 69 der 114 km langen Tagesetappe geschafft. Ursprünglich war Langaholt zunächst unser Tagesziel. Bei unserer Ankunft war es aber erst 14:40 Uhr, wir hatten also noch reichlich  Zeit, um noch bis Eldborg zu gelangen. In Langaholt gab es aber erst einmal eine leckere Suppe.

Die Pension Langaholt gibt es wohl schon seit dem Jahr 1978. Damals gab es dort nur ein Doppelzimmer zur Vermietung, was aufgrund der geringen Gästezahl lange reichte. 1985 wurde ein neues Haus eröffnet, dass bereits einen Aufenthaltsraum, drei große Familienzimmer und ein Doppelzimmer besaß. 1994 kam der Zeltplatz hinzu. Weitere bauliche Erweiterungen folgten, so dass heute 21 Zimmer zur Verfügung stehen, darüber hinaus eine Schlafsackunterkunft. Als Ergänzung zum bisherigen Freizeitangebot Angeln und Wandern wurde 1997 dann noch ein 9-Loch Golfplatz gebaut, der sich wohl zunehmender Beliebtheit erfreut.

Wir wollten dort nicht übernachten und kurbelten weitere in Richtung  Eldborg, unserem neuen Tagesziel. An der Einmündung der von Norden kommenden Str. 56 gibt es eine Tankstelle, an der wir unsere letzte Pause einlegten. Danach waren es noch 23 km, die auf den letzten 4 km schwer fielen. Bedingt durch den Fahrtrichtungswechsel kam der Wind nun stark von vorn. Um 17:30 Uhr hatten wir aber auch das geschafft. Nach deutschen Kategorien würde man das Hotel Eldborg eher als Internat mit gehobener Küche bezeichnen. Die Duschen befanden sich auf dem Flur, wir waren aber insgesamt zufrieden, zumal das Gebäude recht interessant Dinge beherbergte, deren Fotos ich nachfolgend noch zeige. Unsere Fahrräder hatten wir gesichert in einem Klassenraum deponiert. Am Abend gab es noch ein leckeres Essen, die Küche konnte durchaus mit einem guten Restaurant mithalten. 

 


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 12.Tag: Isländische Wetterkapriolen vor Akranes

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
13.07.2010 104 1040 450 9230 Camping

 

Von den ersten 50 km bis Borganes gibt es relativ wenig zu berichten. Es handelte sich um eine sehr flache  Etappe, die aufgrund des Rückenwindes gut zu fahren war. Der rote Vulkankrater Raudhals  lag etwas zu weit von der Str. 54 entfernt, deshalb entschlossen wir uns,  diesen Stichweg nicht noch zusätzlich zu fahren. Bis Akranes unserem heutigen Zielort kamen ohnehin schon 97 km zusammen.

Den ca. 100 Meter hohen Vulkankrater soll man über das rote Lava-Geröll bewandern können, teilweise durch dickes Moss, das dicht mir schwarzen Krähenbeeren bedeckt ist. Aber den Zwischenstopp hatten wir ja gestrichen. An der Einmündung der von Norden einmündenden Str. 539 hielten wir einmal kurz an, danach radelten wir ohne Pause bis nach Borganes.

Der Name der Stadt Borganes bedeutet auf Deutsch übersetzt so viel wie „Felsenhalbinsel“. Die Stadt liegt auf einer länglichen Felsnase, die bis mitten in den Borgarfjoerdur reicht, insofern kann der Name nicht zutreffender sein. Die Gegend um Borganes ist bereits seit der Landnahmezeit besiedelt. Zu dieser Zeit wurde die Halbinsel auf der das Städtchen steht Digranes genannt. Die ersten Häuser der heutigen Zeit wurden von einem Schotten mit dem Namen James Richie 1857 errichtet, um dort Lachs zu verarbeiten. Ab 1929 baute man in Borganes einen Hafen, der heute ein wichtiger Umschlagplatz Islands ist. Die Kirche im Ort ist noch nicht alt und stammt aus dem Jahr 1959.

Wir radelten an einem großen Supermarkt und der Busstation vorbei hinein in den Ort und schauten uns die Kirche an. Am Museum „Landnahmezentrum“ fanden wir ein Restaurant in dem wir vorzüglich speisten. Die Stadt wird aus Richtung Reykjavik über eine 520 m lange Brücke erreicht, die über den Borgarfjoedur führt. Wir nutzten die Brücke in umgekehrter Richtung und wurden sofort mit dem stark ansteigenden PKW und LKW-Verkehr konfrontiert. Teilweise war es schon etwas nervig auf der Str. Nr.1 zu radeln., eine andere Alternative gab es leider nicht.

10 Kilometer weiter staunten wir nicht schlecht, wie rasend schnell sich die Wetterlage auf Island änderte. Auf den ersten Kilometern hinter Borganes waren wir noch im Sonnenschein geradelt und nun standen wir im Regen. Der Regen war mir egal, das aufziehende Gewitter mit kurzen Abständen zwischen Blitz und Donner besaß aber ein Gefahrenpotential, das nicht zu unterschätzen war. Wir standen auf einem Hügel, quasi am höchsten Punkt in der näheren Umgebung. Wir sausten in Regenkleidung ins Tal und schwenkten auf einen Bauernhof. Dort fanden wir einen Unterschlupf.

Wir hatten uns noch keine 10 Minuten untergestellt, als der Bauer mit seinem Traktor vom Feld kam. Er war wohl auch ein wenig überrascht, dass es ein Gewitter auf Island gab. Seinen Ausführungen konnte man entnehmen, dass das sehr selten war. Nach einer knappen Stunde war der Spuk vorbei. Am Ende des Leiravogur verließen wir die stark befahrene Str. 1 und radelten auf der Str. 51 zügig bis nach Akranes. In Akranes angekommen besserte sich die Wetterlage zunehmend, so dass wir die Hotelsuche nach kurzer Zeit abbrachen und zum Campingplatz fuhren. Der Campingplatz befindet sich am nordöstlichen Rand des Ortes. Er ist relativ klein, besitzt aber ein Toilettengebäude mit Duschen.

Im Ort hatten wir am Abend noch ein Erlebnis der besonderen Art. Wir saßen im Restaurant und aßen gerade unsere Pizza, als mir die Idee kam,die Hilfe der Kellnerin in Anspruch zu nehmen. Wir benötigten für den darauffolgenden Tag noch ein Taxi mit Hänger um den Tunnel unter dem Hvalfjoerdur zu passieren. Im Tunnel gab es keinen Randstreifen und für Fahrradfahrer war die 7km lange Durchfahrt verboten. Ich hatte mein Anliegen kaum vorgetragen, da fing die junge Kellnerin an zu telefonieren, um unser Problem zu lösen. Beim dritten Taxiunternehmen war die Lösung leider immer noch nicht da, die Taxiunternehmen hatten keinen Hänger. Mit traurigem Gesicht erzählte sie uns davon und ging anschließend wieder ihrer Arbeit nach. Als ich ihr später 1000 ISK für ihr Mühen bot, war es ihr sichtlich peinlich. Nur auf Drängen meinerseits nahm sie das Geld schließlich an, fing aber wieder an zu telefonieren. 10 Minuten später stand ein älterer Herr in der Tür, wohl ein Freund ihres Vaters und bat uns mitzukommen. Es folgte eine Stadtrundfahrt, die an einer Bushaltestelle endete. Genau von dort fuhr der Bus durch den Tunnel. Wir waren begeistert, was für eine Hilfsbereitschaft! Die Tour war dann aber noch nicht beendet. Er fuhr mit dem Wagen dann zu einer anderen Bushaltestelle und erklärte uns, dass der Bus dort starten würde und das der letzte durch den Tunnel heute um 21:41 Uhr fuhr. Wir könnten den Busfahrer doch schon mal fragen, ob er am nächsten Morgen auch die Fahrräder mitnimmt. Das machten wir dann auch und freuten uns über die Zusage. Unser Problem war mit netter Unterstützung gelöst.

Den späten Abend verbrachten wir noch am Campingplatz. Die Lichtverhältnisse waren zu später Stunde wieder von besonderer Art.

 


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 13.Tag: Die letzten Kilometer vor Reykjavik

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
14.07.2010 32 1072 100 9330 Hotel Fron

 

Unser Bus der Linie 57 Akranes - Haholt fuhr ja erst um 09:41 Uhr. Wir hatten genügend Zeit, das Zelt etwas abtrocknen zu lassen und in Ruhe zu packen. Danach radelten wir in den Ort und frühstückten in einem Cafe.

Der Bus kam pünktlich! Die Räder und Taschen verschwanden zügig im Gepäckraum des großen Busses und schon ging es los. Zunächst fuhr er noch ein wenig durch den Ort und sammelte ein paar Frühaufsteher ein, dann ging es zügig über die Str. 51 zum Tunnel. Der Tunnel ist für PKW und LKW gebührenpflichtig, für Busse gibt es eine gesonderte Spur. Die gesamte Fahrt dauerte nicht lange. In Haholt der Endstation in Mosvellsbaer stiegen wir aus und bepackten unsere Räder. Das letzte Stück bis Reykjavik sollte trotz starken Verkehrs per Rad möglich sein.

Gemütlich radeln konnte man die letzten 10 km vor Reykjavik auf der Str. 1 gerade nicht. Der Verkehr war schon ziemlich heftig. Durch eine konzentrierte Fahrweise und Beobachtung des rückwärts anrollenden Verkehrs konnten wir gefährliche Situationen vermeiden, waren aber froh als wir die Str. 1 über die Saebraut verlassen konnten. Die Saebraut zählt in Reykjavik ja auch noch zu den stärker befahrenen Straßen, deshalb schwenkten wir wenige hundert Meter weiter über den Skeidarvogur auf den Langholtsvegur, ab da war Ruhe.

Bereits um 11:15 Uhr radelten wir am Campingplatz vorbei in Richtung Zentrum. Wir wollten uns für die letzte Nacht ein Hotel im Ortszentrum suchen. Ein großes Hotel noch vor dem alten Ortskern war uns auf Nachfrage zu teuer, schließlich fanden wir eine Unterkunft in der Altstadt. Die Räder konnten wir dort für die Nacht im Keller abstellen. Den Nachmittag radelten wir mehrere Kilometer durch die Stadt, kehrten in einem Cafe ein und fuhren anschließend in den Hafen zum Marinemuseum.

Den Besuch des Marinemuseums kann man absolut empfehlen. Insbesondere den Besuch des  im Hafen liegenden ausgemusterten Marineschiffs „Odinn“ fanden wir sehr bemerkenswert. Die Odinn besaß einen Hubschrauberlandeplatz und einen Hangar, in den der Hubschrauber geschoben werden konnte. Unter Deck konnte man das Leben der Besatzung sehr gut nachempfinden. Am Abend bummelten wir noch über den Laugarvegur, an dem auch unser Hotel lag und fanden ein geeignetes Restaurant, in dem wir den Abend ausklingen ließen.

 

Durch den Tunnel geht es nur mit dem Bus


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Ab Mosfjellbaer wieder mit dem Rad


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 14.Tag: Ein letzter Besuch der Hallgrimskirkja und das bei Sonnenschein

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
15.07.2010 53 1125 330 9660 keine

 

Die Übernachtung im Hotel Fron hatte uns gut gefallen, das Zimmer war sauber und der Service o.k.! Morgens beim Frühstück wurde es jedoch ziemlich unruhig. Man konnte merken, dass hier viele Reisegruppen durchgeschleust wurden und kaum jemand länger als eine Nacht blieb. Wir ließen unser Gepäck und die Räder zunächst im Hotel. Wir hatten uns vorgenommen, früh zur Hallgrimmskirkja zu laufen um evtl. den Turm zu besteigen. Von dort wollte ich bei dem schönen Wetter noch einige Aufnahmen machen.

Mehrere hundert Treppen steigen mussten wir dort nicht, den größten Höhenunterschied bis auf die Höhe der Uhren erreicht man mit dem Aufzug. Nur die letzten paar Stufen muss man zu Fuß bewältigen. Nach der „Turmbesteigung“ schauten wir uns die Hallgrimskirkja noch von Innen an. Sehr modern gestaltet, entsprach das nicht meinem Geschmack. Ich persönlich fand alte Kirchen schöner.

Unsere Reise sollte langsam zu Ende gehen. Wir liefen im Anschluss nach unserem Besuch der Kirche zurück zum Hotel Fron und packten unsere Sachen. Das Hotel mussten wir bis 11:00 Uhr räumen, danach wollten wir über Hafnarfjoerdur zurück nach Keflavik radeln. Die Strecke war mir von den vergangenen Touren ja wohlbekannt. Noch vor zwei Jahren hatte ich sie bei massivem Gegenwind und in strömendem Regen bewältigt. An diesem Tag sollte es anders sein.

Bis nach Hafnarfjoerdur war der Verkehr noch etwas nervig, danach wurde es ruhiger. Die ausgebaute Straße 41 zwischen Hafnarfjoerdur und Keflavik  ist ja nur auf dem ersten kurzen Stück etwas unangenehm zu befahren. Grund ist der am Anfang fehlende Randstreifen, danach ist der Randstreifen breit ausgebaut. In Njardvik entdeckte ich auf meinem GPS-Gerät einen parallelen Weg, der bis nach Keflavik führt. Wir verließen deshalb die Str. 41 und entdeckten gut einen Kilometer weiter den kleinen Hof Stekkjarkot. Es handelte sich um einen ehemaligen Hof, der wohl zwischen den Jahren 1855 und 1924 bewirtschaftet wurde.

Danach radelten wir weiter nach Keflavik, aßen dort eine Kleinigkeit zu Mittag und kurbelten anschließend in den Hafen. Auf dem Foto sieht man hinten an den Felsen angelehnt ein hölzernes Gebäude mit einer Türöffnung. Wir wären überhaupt nicht auf die Idee gekommen dorthin zu radeln, wären nicht die vielen Kinder gewesen, die sich augenscheinlich auf den Weg dorthin machten oder von dort zurückkamen.

In der Höhle wohnte der Troll Skessu, er war ca. 3 m groß und hatte ein riesengroßes Bett. Im Wohnraum des Trolls gab es einen interessanten Baum, an dem einige Schnuller hingen. Die genaue Bedeutung war uns nicht ganz klar, anscheinend mussten die Kinder ihren Nukki ab einem bestimmten Alter beim Troll Skessu abgeben. Wir genehmigten uns im Ort noch ein Eis und radelten dann zum Hostal/Campingplatz Alex. Unsere Tour über 1125 Radkilometer (Gesamtstrecke 1225 km) war leider beendet.

An dem Nachmittag hatten wir noch viel Zeit. Wir unterhielten uns lange Zeit mit einem netten Ehepaar aus Berlin, die mit uns nach Düsseldorf flogen. Er war stolze 80 Jahre alt, sie 70, beide waren seit mehreren Wochen mit dem Fahrrad auf Island unterwegs und begeisterte Radler. Um 22:00 Uhr brachte uns ein Mitarbeiter von Alex mit einem VW-Bus und Hänger die 3 km zum Flughafen.  Unsere Maschine startete pünktlich, nach gut drei Stunden waren wir wieder in Düsseldorf.

 


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