A  l  p  e  n  r  a  d  t  o  u  r  e  n  .  d  e

1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11

 

 06.Tag: Puig Major, Soller, Deia, Claudia schafft dei 1050 Höhenmeter

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
22.05.2008 52 342 1050 3650 Hotel El Encinar

 

Respekt hatte ich am Abend vor der Tagesleistung meiner Frau. Sie war ohne besondere Trainingsvorbereitung mit 10 Kg Gepäck 1090 Höhenmeter und 52 km durch das Tramuntana Gebirge geradelt. Eine tolle Leistung finde ich. Ein wunderschöner Tag lag hinter uns, als wir vom Balkon unseres Apartments (Hotel El Encinar) hinauf aufs Meer blickten. Aber ich sollte von vorne beginnen. Das Frühstück im Restaurant des Klosters Lluc konnten wir in Ruhe zu uns nehmen. Ein paar Wanderer fanden sich noch im Saal ein, ansonsten herrschte aber eine angenehme Ruhe.

Wenn man durch die Berge radelt hilft es einem mental, sich Zwischenziele zu setzen. Unser erstes Tagesziel war der Coll de Sa Batalla, 670 m hoch und etwa 4 km von unserem Startort entfernt. Die 190 Höhenmeter stellten kein Problem dar und waren schnell geradelt. Danach sausten wir in eine 150 m tiefe Senke, bevor es wieder hinauf zum Straßenabzweig ging der nach Sa Calobra führt. Kurz vor dem Aussichtspunkt, von dem man in die tiefe Schlucht des Torrente de Pareis blicken kann, hatte ich ein wenig Pech. Der Schaltzug an meinem Koga Miyata riss.  Vor einigen Jahren war mir das mal in den Alpen passiert. Auf so etwas war ich glücklicherweise vorbereitet, ich hatte Ersatz dabei und konnte den Schaden innerhalb von 15 Minuten beheben.

Die Straßenführung nach Sa Calobra wurde in Reiseführern als einzigartiges Erlebnis beschrieben. Da es sich aber um eine Stichstraße handelt und man die 800 Höhenmeter wieder hinaufradeln muss, hatten wir sie nicht mit in unsere Planung einbezogen. An dem Tag wären zu viele Höhenmeter zu bewältigen gewesen. Der Abzweig nach Sa Calobra liegt kurz hinter einem Viadukt aus dem 19. Jahrhundert. Die Pläne für die Straße nach Sa Calobra wurden von einem Ingenieur mit dem Namen Pavetti entworfen und 1932 von Menschenhand und ohne Maschinen gebaut. Die Straße überwindet einen Höhenunterschied von 800 m. Für ihren Bau wurden 31.000 m3 Fels bewegt, wobei die Steinmassen hauptsächlich für die Aufschüttungen verwendet wurden. Ein filigranes Meisterwerk der Baukunst ist der „Krawatten-Knoten“, der eine 360 Grad–Kurve bildet. Unser Weg führte weiter geradeaus zum Stausee „Embassament des Gorg Blau“. Kurz vor dem Stausee befindet sich ein 260 m langer Tunnel, den man aber aufgrund der fehlenden Steigung zügig durchfahren kann. Direkt am Tunnelausgang steht man dann sofort vor dem See. Dort befindet auch ein Parkplatz auf den wir mit unseren Rädern einbogen um eine kleine Pause einzulegen.

Am Stausee entlang verläuft die Straße sehr eben, für uns war das eine Gelegenheit die Muskeln zu lockern und uns mental auf den nächsten Anstieg vorzubereiten. Der See liegt 610 m hoch und bis zum nächsten Tunnel am Col de Puig Major (870 m) mussten wir noch 260 Höhenmeter hinauf. Wir kurbelten in Ruhe weiter und sahen kurze Zeit später bereits den nächsten Stausee (Embassament de Cúber). Die Straße führte dann rechts am See vorbei, wobei man hoch oben den Puig Major sah.

Ursprünglich war der Stich zum Puig Major mit in unsere Planung hineingenommen worden. Ich war mir zu Hause nur nicht sicher gewesen, ob die Fahrbahndecke befestigt war. Vor Ort zeigte sich dann, dass diese Überlegungen nebensächlich waren. Die Straße war durch einen Zaun gesperrt. Es schien sich um militärisches Sperrgebiet zu handeln. Der zweite Tunnel, den wir anschließend durchquerten, war nicht ungefährlich zu befahren. Er war etwa doppelt so lang wie der erste und vollkommen unbeleuchtet.  Claudia hatte vergessen die Sonnenbrille abzunehmen und musste mit Entsetzen feststellen, dass sie so gut wie nichts mehr sah. Ich selber konnte mit normaler Brille aber auch nicht mehr viel erkennen. Wir radelten ganz langsam hindurch und freuten uns als wir den Tunnelausgang erreichten. Auf der anderen Seite bot sich uns ein wunderschöner Ausblick auf die westliche Küstenregion Mallorcas. 850 Meter tiefer sahen wir den Ort Soller liegen. Eine tolle Abfahrt stand uns bevor. Claudia war begeistert! Noch nie war sie in ihrem Leben mit dem Rad so lange bergab gefahren. Am Mirador de Ses Barques hielten wir kurz an. Von dem Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick auf Port Soller.

Soller war zunächst noch nicht unser nächstes Ziel. Es gab da noch zwei kleine Orte, die uns irgendwie an „ Asterix und Obelix“ erinnerten. Das lag aber nur am Namen der Orte. Fornalutx und Biniaraix hörte sich doch irgendwie so an wie eine Geschichte aus Asterix und Obelix oder? (kleiner Scherz!). Sie liegen an einer kleinen Nebenstraße nach Soller und sind recht hübsch anzuschauen. Nachstehend mal ein paar Fotos. Der Ortname Soller bedeutet so viel wie „im Tal des Goldes“. Der Begriff stammt aus der maurischen Zeit. Die Mauren, die ihr Gold „Sulliar nannten, bezeichneten damit das flüssige Gold der Olivenhaine die Soller während der Zeit ihrer Herrschaft umgaben.

Bis die Bürger von Soller im Jahre 1912 mit der berühmten Eisenbahn „Roter Blitz“ dem sogenannten Orangenexpress einen vergleichsweise schnellen und bequemen Landweg schufen, war der Hafen von Port de Soller das Nadelöhr nach außen. Die Orangensegler, wie man die Schiffe damals nannte, die Zitrusfrüchte massenhaft nach Frankreich exportierten, wurden regelmäßig von Piraten überfallen und dennoch blieb der Seeweg bis zu dem o.g. Zeitpunkt die einzige sinnvolle Alternative für den Warentransport. Die Trampelpfade über die Berge waren schwer passierbar. 1561 wurde der gesamte Hafenbereich durch Piraten in Schutt und Asche gelegt. In Folge baute man Wehranlagen und eben Soller, dessen Ortskern wesentlich weiter im Landesinnern liegt. 1995 wurde Trotz des Protestes der Bürger mit dem Bau der Tunnelbohrung begonnen. Die alte Strecke mit den 36 Kehren die sich über den Coll de Soller zieht blieb aber erhalten und wird auch heute noch u.a. von Radfahrern genutzt. Die Einheimischen sagen wohl heute noch, dass „die Talschüssel des Goldes einen Sprung bekommen hat.“

Heute wird Soller von tausenden Touristen besucht. Viele kommen von Palma aus mit dem „Roten Blitz“ um hier einige Stunden zwischen den Zitrus- und Orangenhainen zu verbringen. Wir erreichten Soller über die Straße Carrer Lluna  und standen plötzlich mit unseren Rädern auf dem Placa Constitutio. Beim Placa Constitutio handelt es sich im Wesentlichen um das Ortszentrum Sollers. Er besitzt eine lebendige Kneipenscene und ist umgeben von tollen alten Häusern im Jugendstil. Wir hielten uns nicht allzu lange auf, radelten vorsichtig immer mit Abstand an der Bahnlinie entlang und folgten der Ausschilderung in Richtung Deia.

Deia das Künstlerdorf gilt als eine der besten Adressen unter Mallorcas Ferienorten. Die rund 100 Zimmer in drei Luxusunterkünften und einige Zimmer in Hostals begrenzen zwar die Zahl der Übernachtungsgäste, die Zahl der Tagestouristen die den Ort besuchten, war bei unserer Ankunft im Mai dennoch unübersehbar.  Kaum vorstellbar, welcher Trubel hier im Hochsommer herrschte. Die wenigen Gassen von Deia waren zwar recht schön anzusehen, uns aber einfach zu touristisch.

Das Hotel El Encinar, etwa auf halber Strecke zwischen Deia und Valdemossa gelegen, erreichten wir um ca. 16:30 Uhr. Wir hatten 1090 Höhenmeter in den Beinen und freuten uns auf ein tolles Abendessen. In der Reception gab man uns die Empfehlung 200-300 m in Richtung Valdemossa zu laufen. Dort würde sich ein tolles Restaurant befinden. Der Wirt würde uns sogar mit dem Auto zurückbringen, wenn wir auf Empfehlung des Hotels kämen. Vielleicht hätte uns schon das zu denken geben müssen, aber noch fanden wir alles in Ordnung. Aus den 200-300 m wurden 2,5 km Laufstrecke an einer Straße entlang, die keinen Randstreifen besaß und überwiegend durch Mauern begrenzt war. Wir liefen bewusst auf der linken Fahrbahnseite, wichen in Kurven knapp einigen PKW´s aus, kamen aber erfreulicherweise gesund und unversehrt am Restaurant an. 

Was dann folgte, fanden wir nicht mehr lustig. Das Essen war die reinste Katastrophe. Ich möchte das hier in der Öffentlichkeit nicht weiter beschreiben. Für uns blieb die Erkenntnis, in unserem gemeinsamen Leben (immerhin 27 Jahre) noch nie so schlecht gegessen zu haben. Plötzlich sprach niemand mehr deutsch usw. usw. Wir waren ziemlich sauer, verließen das Lokal und liefen die 2,5 km zurück zum Hotel. Dort ließen wir den Abend in Ruhe ausklingen.

 


Download als GPX Datei