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 02.Tag: Die Jagst hinauf oder im Land des Gört von Berlichingen nach Krautheim

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
13.05.2007 65 89 400 520 Landgasthof Krone

 

Die Jagst hinauf oder im Land des Götz von Berlichingen nach KrautheiGenau diesen Schildern wollten wir nun 5 Tage lang folgen.  Die Räder hatten wir über Nacht in der Garage des Hotels abstellen können. Unsere Taschen waren morgens schnell gepackt, so dass wir Jagstfeld nach dem Frühstück bereits um 09:00 Uhr verließen. Die Ausschilderung zum Kocher-Jagst-Radweg konnten wir im Ort kaum verfehlen. Es war Sonntag und eine herrliche Ruhe umgab uns, als wir auf dem zunächst parallel zu den Bahngleisen geführten Radweg einbogen.

Wir ließen den kleinen Ort Untergriesheim rechts von uns liegen, durchradelten Herbolzheim (Jagst) und wurden in Neudenau plötzlich mit einer Situation konfrontiert, die wir aus unserer Region im Münsterland gar nicht kannten. Eine Reiterprozession die vom Ortkern bis zur außerhalb gelegenen Gangolfskapelle führte, versperrte uns den Weg. Auf der Hauptstraße wollten wir nicht radeln, deshalb ließen wir uns mit der Prozession vorsichtig bis zur Kapelle treiben. Die Pferde zu überholen, war einfach zu gefährlich. An der Gangolfskapelle war es dann geschafft. Die beeindruckende Prozession endete dort und ab sofort befanden wir uns wieder alleine auf dem Radweg.

In Siglingen direkt an der Brücke über die Jagst befindet sich eine schön gelegene Gartenwirtschaft mit dem Namen „Kobold“.  Wir waren zwar noch nicht viele Kilometer geradelt, einen zweiten Kaffee zu genießen, konnten wir uns aber durchaus vorstellen. Mutter und Sohn waren noch damit beschäftigt, die in der Nacht heruntergefallenen Äste und Laub zusammenzukehren, als wir vor der Gartenwirtschaft eintrafen und nach einem Kaffee fragten. Wir waren gern gesehene Gäste, der etwa 10 jährige Sohn hatte sichtlichen Spaß daran, uns zu bedienen und sich über die 2 Euro Trinkgeld zu freuen.

Das ca, 2 km weiter befindliche  Schloss Assumstadt wurde im Jahr 1760 im Auftrag der Kaiserin Maria Theresia von Österreich erbaut. Das es denselben Architekten hatte wie Schloss Schönbrunn in Wien, gibt es gewisse Ähnlichkeiten. Die Öfen, Fenster und Türen sind Kopien aus Schönbrunn. Sie wurden in Prag hergestellt und mit Ochsenkarren nach Assumstadt gebracht. Leider konnten wir das Schloss nicht besichtigen. Es befindet sich in Privatbesitz. Einige Fotos aus Entfernung zu erstellen war nicht möglich, weil der umgebende Bewuchs dies nicht zuließ. Einer Hinweistafel (Foto) zufolge befindet sich im Schloss eine „Erlebnisgastronomie“. Den nächsten Ort, den wir mit unseren Rädern erreichten, war Mockmühl. Er wird von einer kleinen Burg überragt und besitzt einen historischen Ortskern. Und diese Burg besitzt eine besondere Geschichte:

Der Herzog Ulrich von Württemberg war ein jähzorniger, unbeherrschter Mann, der beim Kaiser wegen mehrerer Vorfälle in Ungnade fiel. Als er 1519 die Reichsstadt Reutlingen überfiel und sie zu einer württembergischen Landstadt machte, war das Maß voll. Der Herzog wurde vom Schwäbischen Bund außer Landes gejagt und seine Besitztümer nach und nach eingenommen. Darunter auch das Amtsstädtchen Möckmühl, in dem Götz von Berlichingen (1480 - 1562) seit 1517 württembergischer Amtmann war. Er weilte auf der Burg, als am 8. Mai 1519 eine Vorhut von 200 bündischen Reitern vor den Toren der Stadt ankam und Möckmühl einnehmen wollte.

Die Möckmühler Bürger öffneten den Bündischen die Tore und ließen sie ein. Götz dachte jedoch nicht daran, die Burg aufzugeben und verschanzte sich in ihr. Während zwischen Ort und Schloss Schießereien ausbrachen, floh Götzens Frau mit einer Magd noch am 8. Mai nach Heilbronn, wobei man ihnen aus dem Städtchen nachschoss.  In der Burg wurde indes die Lage immer kritischer, weil die Vorräte zur Neige gingen. Besatzung und Pferde teilten sich den restlichen Wein, denn Wasser war nicht mehr vorhanden. Aus Fenstern und Türangeln wurde Zinn und Blei gebrochen, um die Geschütze noch füttern zu können. Trotzdem konnte Götz nicht zur bedingungslosen Übergabe der Burg gezwungen werden. Am 10. Mai 1519 änderte sich die Lage grundlegend durch die Ankunft des Bundesheeres in Neckarsulm. 1000 Mann und etliche Geschütze wurden sogleich nach Möckmühl gesandt. Angesichts der trostlosen Lage entschloss sich Götz noch in derselben Nacht zur Flucht. Er geriet mit seinen ca. 60 Mannen jedoch in einen Hinterhalt und nach einem erbitterten Gefecht mit großen Verlusten auf beiden Seiten wurde Götz gefangengenommen.  Man brachte ihn in das Lager des Bundesheeres vor Neckarsulm und am 12. Mai kam er in das Wirtshaus des Diez Wagenmann nach Heilbronn, wo er sich ständig, mit Ausnahme des Kirchganges aufzuhalten hatte. 3 ½ Jahre dauerte seine Gefangenschaft in Heilbronn. Danach zog er sich auf seine 1517 von Konrad Schott gekaufte Burg Hornberg am Neckar zurück. (Schott war 1517 vor Götz Amtmann in Möckmühl gewesen). 1562 starb Götz von Berlichingen im Alter von 82 Jahren auf seiner Burg Hornberg und wurde gemäß seinem letzten Wunsch im Kreuzgang des Klosters Schöntal als Vorletzter seines Geschlechts bestattet.

Vom im Jagst-Tal gelegenen Sportplatz bekamen wir noch einen letzten Blick auf den Ort mit der kleinen Burg. Danach unterquerten wir die gewaltige Autobahnbrücke der A81, die von Würzburg nach Heilbronn führt. Auf riesigen Brückenpfeilern gestützt, spannt sie sich hoch über das Jagst-Tal. Kurz hinter der Jagstbrücke in Olnhausen gibt es am Jagst-Radweg einen „Boxenstop“.  Wir waren zwar nicht mit Formel 1-Rennwagen unterwegs, ein leckeres Eis essen sollte aber auch für Radler mit Trekkingrädern möglich sein. Bis Jagsthausen hinein waren dann nur noch ein paarhundert Meter zu radeln. Im nördlichen Teil des kleinen Dorfes befindet sich die Götzenburg in der Götz von Berlichingen geboren wurde.

Der Innenhof der Burg wurde während unseres Aufenthaltes für eine Aufführung hergerichtet, so dass wir den inneren Bereich der Burg nicht besichtigen konnten. Die Außenanlagen waren aber schon sehr eindrucksvoll. Umgeben von einem großen Park und direkt an der Jagst gelegen, fügt sich die Burg wunderbar in die umgebende Landschaft ein. Nachstehend mal ein paar Fotos. Das nächste Highlight unserer Tour war eher eine Überraschung. Eine Lektion in römischer Geschichte bekamen wir, als wir plötzlich vor einer Hinweistafel zum römischen Limes standen. 

Der von den Römern errichtete Grenzwall verlief etwas östlich von Jagsthausen schnurgerade in nordsüdlicher Richtung durch das Jagst-Tal. Wie auf der Hinweistafel zu lesen, war auf landwirtschaftlich genutzten Fläche wie hier davon heute nichts mehr zu sehen. Wir hatten bereits den größten Teil unserer Tagesetappe hinter uns gebracht, als wir am Kloster Schöntal eintrafen.

Beeindruckend, welche Größe die Klosteranlage besaß. Über eine eigene Bahnverbindung, auf deren Überbleibsel wir auf unserem weiteren Weg noch mehrmals stoßen würden, verfügte das Kloster noch bis zum Beginn vorherigen Jahrhunderts. Mit der Bahnlinie wurden nicht nur Anreisende transportiert, mit ihr erfolgte auch der gesamte Versorgungstransport für das Kloster.

Als Zisterzienserabtei von Maulbronner Mönchen 1157 im malerischen Jagsttal gegründet, entwickelte sich das Kloster über die Jahrhunderte zu einem mächtigen und florierenden Klosterareal. Kloster Schöntal beeindruckt heute durch das monumentale Erscheinungsbild und die Vielfalt der Bauten vom Mittelalter bis Barock. Das imposante barocke Aussehen verdankt die Klosteranlage vor allem Abt Benedikt Knittel (1650–1732). Die Neue Abtei, der Konvent und die Klosterkirche, aber auch die Heiliggrabkapelle auf dem Kreuzberg, sind in seiner Amtszeit ab 1683 entstanden. Noch heute zeugen die feinen, detailreichen Ausarbeitungen und die liebevollen Stuckdecken von großer Handwerkskunst. Wie oben bereits erwähnt befindet sich in Schöntal das Grabmal des 1562 verstorbenen Ritters Götz von Berlichingen, der im Kreuzgang der Neuen Abtei neben den Mitgliedern seiner Familie ruht.

Auf unserer weiteren Strecke waren die Gleise der ehemaligen Bahnlinie bereits mehrmals zu sehen gewesen. Immer wieder tauchten sie plötzlich auf oder verschwanden im Gehölz. An einer Stelle konnten wir noch alte Waggons auf den Gleisen stehen sehen. Sie mussten dort schon einige Jahrzehnte stehen und waren zum Teil stark zugewachsen. In Altkrautheim zeigte unser Tacho einen Tageskilometerstand von 63 km. Unser Ziel der „Landgasthof Krone“ befindet sich hoch oben auf dem Berg in unmittelbarer Nähe zur Burg. Über eine relativ kurze Strecke brachten uns die ungefähr 100 Höhenmeter bis zum Ziel  doch noch einmal ins Schwitzen. Was unseren mangels weiterer Alternativen gewählten Übernachtungsort betrifft, möchten wir uns hier ein wenig zurückhalten. Nur soviel, die Lage mit der Nähe zur Burg war das Beste. 

Einen kurzen Fußmarsch unternahmen wir am frühen Abend noch zur Burg in Krautheim. Einiges zur Bedeutung der im 13. Jahrhundert erbauten Burg Krautheim fanden wir auf der folgenden Informationstafel. Den weiteren Abend verbrachten wir in der Gartenwirtschaft des Landgasthofes Krone und unterhielten uns über die Erlebnisse des vergangenen Tages.

 


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