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 05.Tag: Schwäbisch Hall ist eine tolle Stadt

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
16.05.2007 69 310 230 1770 Hotel Goldener Adler

 

Die meisten Höhenmeter unserer Tour hatten wir bereits geschafft. Ab dem 5. Tag unserer Tour würde es im Kocher-Tal fast nur bergab gehen. Bereits vor 09:00 Uhr saßen wir auf unseren Rädern und verließen Aalen in nördlicher Richtung immer dem Kocher folgend. Die Friedrichstraße ortsauswärts  war ziemlich stark befahren. Deshalb freuten wir uns auch, ab Wasseralfingen wieder auf ruhigere kleine Sträßchen ausweichen zu können. In Niederalfingen gibt es die Marienburg, die bereits früh hoch oben auf einem Hügel sichtbar war.

In der Marienburg befindet sich heute eine Jugendbildungs- und Freizeitstätte mit 110 Übernachtungsplätzen. Die Historie der Burg ist lang. Von den Hohenstaufen um 1050 herum erbaut, ging sie im Jahr 1300 in den Besitz der Ritter von Seckendorf über. Die weitere Zeitafel führe ich nachstehend mal grob tabellarisch auf.

1368 Graf Eberhard Greiner von Württemberg erwirbt die Burg

1415 Die Burg wird Eigentum der Edlen von Hürnheim

1551 Die Grafen von Fugger aus Augsburg erwerben die Burg

1822 Turmbrand durch Blitzschlag

1838 Das Königreich Württemberg erwirbt die Burg

1903 Die Wandervögel (Jugendbewegung des Deutschen Reiches) kommen auf die Burg

1928 Der Bund Neudeutschland (ND) pachtet die Burg

1936 Der ND wird von den Nationalsozialisten verboten, die Burg besetzt und für die Hitler-
        jugend verwendet

1945 Das Korps der „Französischen Freiwilligen“ unter General Besson wird einquartiert

1946 Der Bund Neudeutschland kann auf die Burg zurückkehren

1956 Neugestaltung der Turmkapelle

1966 Der Neubau wird erstellt

seit 1966 Nutzung der Burg als Jugendbildungs- und Freizeitstätte. Wie man lesen kann, eine lange bewegte Geschichte!

Bei unserer Ankunft in Gaildorf hatten wir die ersten 48 km unserer Tagesetappe bereits hinter uns gebracht. Da wir den Ort aber sehr früh (ca. 12:00 Uhr) erreichten, beschlossen wir unsere ursprüngliche Planung zu ändern und noch bis Schwäbisch Hall zu radeln. Die 20 km sollten auch noch zu schaffen sein. In Gaildorf gibt es ein Schloss, das sich in unmittelbarer Nähe des Flusses Kocher befindet. Den zugehörigen Schlosspark findet man auf der anderen Kocherseite.

Das „Alte Schloss“ wird in einem Vertrag zwischen Schenk Friedrich von Limburg und der Stadt Hall im Jahre 1399 urkundlich in Form einer „Veste“ (Burg) erstmals erwähnt. Der Vertrag regelte die Holzflößerei auf dem Kocher zu den Salzsiedern der Stadt Hall. Der Vertrag und das 35 Jahre später entstandene Siegel der Stadt Gaildorf, das noch heute das Floß zeigt, belegt, welche Bedeutung das Holzflößen zur damaligen Zeit für Gaildorf besaß. Im Jahr 1700 ehelichte Juliane Dorothea von Limburg den Grafen Wilhelm von Wurmbrand aus der Steiermark. Nach dem Grafen wurde der große Saal des Alten Schlosses benannt. Die Konstruktion der eichenhölzernen Renaissancedecke wurde unter eine ältere, auch heute noch zum Teil erhaltene Stuckdecke erbaut. Das Besondere dieser Decke ist, dass sie freitragend ist und eine außerordentliche statische Leistung darstellt. Im Wurmbrandsaal fand damals auch schon die Hochzeit der Juliane Dorothea mit dem Grafen statt. Sie erbte später einen beachtlichen Teil des Schlosses. Das Alte Schloss, das die Kriegszeiten ohne größere Schäden überstand, beherbergte in den Nachkriegsjahren Flüchtlinge und ausgebombte Familien aus Gaildorf und Umgebung. Mitte der 50er Jahre wurde im Wurmbrandsaal eine Textilfirma untergebracht. Erst mit Beginn der 70er Jahre begann man mit umfangreichen Renovierungen. Heute werden die Räumlichkeiten als Vereinsräume, Ausstellungsräume und Wohnungen genutzt.

Hinter Gaildorf querten wir die B19 und die parallel dazu führende Bahnlinie und verließen das Kocher-Tal. Hinter Kleinaltdorf wird das Gelände etwas hügelig, so dass wir zwei kleinere Anstiege von 40 und 60 Hm zu meistern hatten. Sie waren kurz und steil, stellten aber kein wirkliches Problem dar.  Landschaftlich sehr schön geführt, radelten wir über Hägenau, Spöck und Westheim unserem neuen Tagesziel Schwäbisch Hall entgegen. Die Entscheidung, weiter nach Schwäbisch Hall zu radeln, war genau richtig gewesen. Dem Kocher-Tal folgend näherten wir uns der historischen Altstadt von der Südseite und waren sofort beeindruckt.

Das Haller Globe Theater ließen wir links liegen und schoben unsere Räder über den Sulfersteg auf die andere Kocherseite. Dort beginnt auch der historische Teil der Altstadt. Wir folgten  den Schildern zur Touristikinformation, und standen plötzlich auf dem Marktplatz vor der großen Treppe auf der alljährlich Freilichtspiele abgehalten werden. Zunächst wollten wir uns um eine Übernachtungsmöglichkeit kümmern und betraten deshalb die links von der Großen Treppe befindliche Touristikinformation. Ein paar Telefonate und schon war unser kleines Problem gelöst. Das am Marktplatz gelegene Hotel Adler war bereit uns zum Doppelzimmerpreis von 79,- Euro statt regulären 125,- Euro zu beherbergen. Klar, dass wir bei der Lage und dem Preis das Angebot sofort annahmen.

Die Atmosphäre in Schwäbisch Hall war einfach klasse! Direkt gegenüber der Großen Treppe hatte man unmittelbar vor dem Rathaus eine große Bühne aufgebaut, auf der Kinder musizierten, davor wurde getanzt und gelacht. Wir hatten zufällig den richtigen Tag erwischt und freuten uns über die vielen Kinder, die auf dem Marktplatz ihr Kinderfest feierten. Oberhalb der großen Freitreppe befindet sich die Kirche St. Michael. Die Treppe, auf der regelmäßig Freilichtspiele stattfinden und über die man zur Kirche gelangt, ist über 500 Jahre alt.

Die Kirche St. Michael stammt aus dem Jahr 1156 (Einweihung). Im 15. Jahrhundert wurden alle romanischen Teile der Kirche bis auf den heute noch erhaltenen Westturm niedergerissen. Ab 1427 errichtete man das Langhaus und den spätgotischen, mit einem reich verzierten Netzgewölbe ausgestatteten Chor. 1527 wurde der Bau des Gebäudes vollendet.

Das Rathaus stammt aus dem Jahr 1735. Es wurde nach einem Stadtbrand an der Stelle der einstigen Jakobskirche im Stil eines barocken Adelspalais errichtet. Nachdem es im April 1945 von einer Bombe getroffen wurde und völlig ausbrannte, wurde es bis 1955 im alten Stil wieder aufgebaut, so dass heute der Marktplatz zu einem der schönsten Deutschlands zählt. Bis in den Abend hinein schlenderten wir durch die Gassen des mittelalterlichen Ortes, überquerten nochmals den Sulfersteg und gelangten zum Haller Globe Theater.

Das ursprüngliche Globe-Theater wurde 1599 zur Zeit von Königin Elisabeth in Bankside, einem Londoner Stadtteil am rechten Themseufer errichtet. Dort außerhalb der Stadt befand sich das Vergnügungszentrum Londons und dort gab es, neben dem Globe auch noch weitere Theater wie The Swan, The Rose und The Hope. Das Globe wurde damals von der Schauspieltruppe „The Lord Chamberlaine“ erbaut, zu der auch William Shakespeare gehörte. Das Globe wurde 1613 durch ein Feuer vernichtet, das ausbrach, nachdem während der Aufführung des Stücks „Heinrich VIII“ eine Kanone abgefeuert wurde. Die Kanone setzte das strohgedeckte Dach in Brand, das danach mit einem Ziegeldach versehen wurde. 1642 schloss die puritanische Regierung alle Vergnügungsstätten und damit auch das Globe. 1644 wurde es dann abgerissen.

Beim Schwäbisch Haller Globe handelte es sich quasi um einen Nachbau, der im Jahr 2000 errichtet wurde. Nachstehend noch einige Fotos von unserem abendlichen Rundgang und vom Haller Globe. Den Goldenen Adler in Schwäbisch Hall können wir sehr empfehlen. Das Essen schmeckte hervorragend und das Ambiente ist toll.

 


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