A  l  p  e  n  r  a  d  t  o  u  r  e  n  .  d  e

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 10.Tag / 11.Tag: Am Grand Canyon du Verdon

Datum Km Σ Km Hm Σ Hm Übernachtung
02.08.1998/
03.08.1998
68+
45
786 1.200+
700
14.403 Camping Castellane und 
Camping Le Vieux in Moustier

 

Es ist Sonntag, der 02.08.98. Wir stehen in Fayence an einem kleinen Market. Etwas weiter in den Ort hinein hat man von der Terasse direkt neben der Kirche einen Blick auf das tief unten liegende Segelflugplatzgelände und das noch weit entfernt liegende Esterel- und Mauren-Massiv. Fayence liegt 325 m hoch. Wir sind auf dem ersten kurzen Stück vom Campingplatz bis in den Ort hinein bereits ins Schwitzen gekommen. Martin kauft in dem kleinen Market Getränke.

In Richtung Seillans geht es erst einmal 50 m hinauf. Am Dorfbrunnen in Seillans befindet sich ein Cafe. Dort treffen wir auf eine deutsche Familie, die in der Provence ihren Urlaub verbringt. Sie wohnen in der Nähe und warten auf einen Freund. Ein Gespräch über die Vorzüge des Urlaubs in der Provence und über verschiedene Orte, die wir in der Provence bereits kennengelernt haben, ergibt sich spontan. Kurze Zeit später werden sie von ihrem Freund mit einem Oldtimer abgeholt. Leider geht alles so schnell, dass ich es nicht mehr schaffe, von dem Oldtimer ein Foto zu machen. Seillans besteht aus rosa und gelblich verputzten Häusern, die sich am Steilhang des Plan de Canjuers befinden. Zur Kirche und zu den Überresten einer alten Burg laufen wir über Kopfsteinpflaster durch blumengeschmückte Gassen. Am alten Brunnen sehen wir sehr dekorativ gedeckte Tische, vermutlich für eine Hochzeitsgesellschaft. Um die Tische herum befinden sich überall Vasen mit Blumen. Auch der Brunnen wurde herrlich verziert.

Die D19 weiter fahren wir bis auf eine Höhe von 650 m weiter. Die Straße windet sich durch eine landschaftlich schöne Gegend, bis wir auf der anderen Talseite bereits Bargemon entdecken. Bargemon liegt sehr geschützt am Fuße der provencalischen Hochebenen. Man sieht überall Mimosen und Orangenbäume, Indiz für ein sehr mildes Klima. Mitten in Bargemon gibt es einen Brunnen, der quasi Haupttreffpunkt des Ortes zu sein scheint. Ein Polizist unterhält sich mit den Dorfbewohnern, eine Trachtengruppe posiert vor einem Geschäft und draußen vor den Cafes herrscht reges Treiben. Die Sitzplätze sind alle besetzt. Wir nehmen auf einer Bank Platz, bestellen uns etwas zu trinken und beobachten die Menschen. Trotz des regen Treibens gewinnt man den Eindruck, das die Menschen viel Zeit haben. Direkt am Brunnen befindet sich der Abzweig in Richtung Col du Bel Homme.

Von nun an geht es wieder “richtig” bergauf ! Die Strecke, die wir von Nizza bis hierher gefahren sind, ist sehr hügelig und nicht zu unterschätzen, zum Col du Bel Homme hinauf bekommen wir aber wieder das Gefühl einen Pass hinauf zu fahren. Immerhin müssen wir fast durchgängig mit 9-10 % knapp 500 m hinauf zur Hochebene von Canjuers. Nach den Kilometern und Höhenmetern, die wir bereits in den Beinen haben, sollte der Col du Bel Homme kein Problem mehr darstellen. Doch es ist sehr heiß. Wir müssen mehrere Male anhalten, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Um die Mittagszeit ist es dann geschafft. Am Col suchen wir uns eine geeignete Picknickstelle. Überall von der Sonne ausgetrocknetes Gras mit viel Geröll durchsetzt. Das in Fayence gekaufte halbe “Wagenrad” Tomme de Savoire und mehrere Baquettes werden redlich geteilt. Die eigentliche Hochebene liegt nur etwas tiefer als der Col du Bel Homme. Die Straße in Richtung Combs sur Artuby durchquert auf einer Strecke von ca 10 km militärisches Sicherheitgebiet. Am Straßenrand befinden sich überall Barrieren, die “normalen” Pkw´s den Zugang auf das Gelände unmöglich machen. Mittendrin ein mystisch wirkender Ort namens Broves. Er ist auf der Karte zwar verzeichnet, es scheint dort aber niemand zu leben. Er wirkt vollkommen tot und gespenstisch. An der D21 sind wir froh, das Gebiet hinter uns gelassen zu haben, zumal wir mehrere Male Schüsse wahrgenommen haben.

Bis in den Ort Combs sur Artuby hinein fahren wir nicht. Wir wollen heute noch unbedingt bis zum Grand Canyon dur Verdon gelangen. In Jabron halten wir kurz an einem Campingplatz an. Eine Situation, die man in Frankreich häufiger sieht. In der Campingplatz-Bar sitzt die gesamte Familie noch beim Mittagessen und im Hintergrund läuft der Fernseher. Es schaut zwar niemand hin, er läuft halt. Wir trinken dort kurz etwas und beratschlagen, ob wir über die D52 oder die D955 in Richtung Castellane fahren. Wir wählen die flachere Stecke an Trigance vorbei. Trigance liegt in herrlicher Hanglage kurz vor dem Beginn der Verdonschlucht an Felsen angelehnt. Eine kleine Burg überragt den Ort. Ein Sträßchen, die D90, stellt hier die Verbindung zwischen Verdon Nord- und Südroute her. Wir fahren am Ort vorbei in Richtung Pont du Soleils und bekommen den ersten Blick auf die Schlucht. Nur etwas höher als der Fluss schlängelt sich die Straße an Felswänden entlang in Richtung Castellane. Einige Kilometer weiter erhalten wir am ersten Campingplatz eine Absage. Ausgebucht ! Zwei Plätze weiter versuchen wir es nochmals, mit Glück. Unser Zelt bauen wir in Flussnähe auf. Es ist so warm, dass ich noch um 21:30 Uhr zur Abkühlung in den Verdon springe. Martin und Burkhard legen sich mit ihren Schlafsäcken in die Nähe des Flusses. Die Abkühlung kommt mitten in der Nacht von Oben. Ich bemerke, wie die Beiden wegen des Regens wieder ins Zelt kriechen.

 


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Montag, der 03.08.98.

Ein tolles Stück Landschaft steht uns nun bevor. Leider regnet es leicht. Zwischen der Einmündung des Jabron im Osten und der Mündung des Verdon im Lac de St. Croix im Westen hat der Fluss auf einer Länge von ca. 26 km einen gewaltigen Canyon in den Jurakalk geschnitten. Die Grate und Schichtungen im Kalkstein werden durch grüne Streifen von Buchsbaum und Steineichen unterstrichen. Oben am Rand der Schlucht, schwankt der Abstand beider Seiten zwischen 200 und 1500 m .Die Tiefe der Schlucht liegt zwischen 250 und 600 m. Was die Natur da über Millionen von Jahren geschaffen hat, ist schon gewaltig. Jahre muss es gedauert haben, bis die Möglichkeit geschaffen war, die Schlucht mit dem PKW auf einer spektakulären Straße zu umrunden.
Wir wählen die Nordroute, nicht zuletzt wegen der Möglichkeit von La Palud aus die Route des Cretes in Angriff nehmen zu können. Die Route des Cretes führt zu einer Reihe von Aussichtspunkten am großartigsten Abschnitt der Schlucht. Leider spielt das Wetter nicht mit. In La Palud angekommen, müssen wir uns leider entscheiden, diesen Teil auszulassen. Die Route des Cretes führt bis auf eine Höhe von knapp 1400 m. Der Blick hinauf lässt wettermäßig das Schlimmste erahnen. Wir stehen in der Ortsmitte von La Palud und überlegen uns den weiteren Tagesablauf, während sich ein paar Meter weiter in einer von der Straße aus offenen Bar die interessantesten Typen zeigen. Vollkommen in Batik gekleidet, übergebliebene Blumenkinder mit Gitarre, bärtig und mit müßigem Gang. Schilder und Plakate vergangener Festivaltage hängen an mehreren Stellen. Eine interessante Atmosphäre hängt in der Luft.

Ein paar Croissants in unseren Taschen, fahren wir die Straße weiter in Richtung Westen zum Lac de St. Croix. Die Strasse steigt an bis zum Col d´Ayen auf eine Höhe von 1031 m. Je näher wir zum See kommen, um so näher radeln wir wieder an die Schlucht heran. Die Ausblicke sind trotz der schlechten Wetterlage faszinierend. Tief unten sehen wir bereits einige Tretboote, die von dem blaugrün schimmernden See her in die Schlucht hineinfahren. Mehrere hundert Meter geht es nun hinab bis zur Querstraße, die links in Richtung des Sees und rechts nach Moustier Ste Marie führt. Einmalig schön ist die Lage von Moustier Ste Marie. Am Rande einer Schlucht gelegen, über die ein von seinem Kreuzzug heimgekehrter Ritter eine schmiedeeiserne Kette gespannt hat. Der Ort ist schon von Weitem zu sehen. Kurz vor Moustier Ste Marie erreichen wir den Campingplatz „Le View Colombier“. In Anbetracht des Regens suchen wir uns einen Stellplatz in leichter Hanglage. Diese Wahl sollte sich noch als vollkommen richtig herausstellen. 

Wir bummeln bei Regen durch das alte Städtchen. Alte steinerne Waschstellen, der durch die Schlucht hinabstürzende Fluss, mittelalterliche Brunnen und die vielen kleinen Geschäfte mit Fayencen laden eigentlich zum längeren Aufenthalt ein. Uns fröstelt leicht, nasskalt ist es geworden. Wo ist Martin ? Er war im Ort etwas zurückgeblieben ! Kurz darauf erscheint er, drei Dosen Bier in der Hand, mit verschmitztem Gesicht und dem Satz auf den Lippen, dass die Bierchen bestimmt dazu beitragen könnten, unsere Stimmungslage etwas zu heben. Klar, wir schauen halt aus wie Radler, die zu lange im Regen gestanden haben. Mit den Dosen Bier flüchten wir unter die Sonnenschirme eines Restaurants und setzen uns auf die Stühle. Es dauert nicht lange, und wir werden von den Stühlen vertrieben. Unter dem Kirchenvordach können wir dann endlich unser Picknick abhalten. Wir hatten uns kurz vorher noch ein paar Stücke Schweinebraten gekauft. Zum Aufwärmen flüchten wir zwischendurch immer wieder in die Kirche.

Den Abend verbringen wir in dem vollkommen überfüllten Restaurant Belvedere. Dem Restaurant vorgelagert befindet sich eine Bar, in der die meisten Gäste zunächst erst einmal verschiedene Getränke zu sich nehmen dürfen, bis sie dann endlich einen Tisch im Restaurant zugewiesen bekommen. Kurz nachdem unsere Teller leer waren, bemerkten wir auch schon die Blicke. Nach dem Motto „wollen sie nicht langsam gehen“, dauerte es auch nicht lange, bis wir wieder in der Bar saßen. Bei einer schönen Flasche Wein haben wir dann den ganzen Abend Zeit gehabt, uns den Ablauf genau anzusehen. Mehrere klatschnasse Motorradfahrer, einige Familien mit Kinder, alle saßen sie teilweise über 2 Std. in der Bar, bis sie an die Reihe kamen, im Restaurant essen zu dürfen. Nachts dann der Wolkenbruch. Schlimmer konnte es nicht kommen. Gewitter und Blitz im zeitlichen Einklang und kübelweise Wasser von oben. Hin und wieder nachts der Blick mit Hilfe der Taschenlampe in die Zeltecken. Das Tatonkazelt hielt tatsächlich dicht.

 


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