10.Tag: Das Haifischmuseum von Bjarnahoefn |
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Datum | Km | Σ Km | Hm | Σ Hm | Übernachtung |
11.07.2010 | 86 | 821 | 630 | 8080 | Hotel Hellisandur |
Für Island schon fast ungewöhnlich, die Wetterlage blieb stabil. Bevor wir Stykkisholmur verließen, radelten wir noch kurz einmal durch den Ort. Es war Sonntag, die Nacht über war wohl noch ein wenig gefeiert worden, eine mögliche Erklärung dafür, dass in dem ansonsten so sauberen Ort eine zerschlagene Flasche am Straßenrand lag. Als wir vorbei radelten und uns auf die Scherben aufmerksam machten, hielt gerade ein Mercedes an. Ein Mann im Sonntagsstaat mit Krawatte bekleidet, sammelte die einzelnen Stücke auf und schimpfte ein wenig. Wir waren uns sicher, in Stykkisholmur blieb Müll wohl nicht lange liegen. In unserer Fantasie war das selbstverständlich der Bürgermeister persönlich.
Wir waren am Abend zuvor auf der Halbinsel Snaefellsnes angelangt, auf der Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ begann. Begibt man sich zeitlich noch weiter zurück, so stellt man fest, dass Snaefellsnes Schauplatz vieler isländischer Sagas ist und deshalb voller historischer Ereignisse steckt. Die meisten Touristen besuchen Snaefellsnes allerdings wegen des gleichnamigen Gletschers, der eine imposante Höhe von 1446 m erreicht und sportliche Aktivitäten der verschiedensten Arten erlaubt.
Wir waren an dem Morgen ja noch über 80 km vom Snaefellsjökull entfernt und radelten auf der Str. 58 nach Süden, um dann nach Westen schwenkend auf die Str. 54 zu gelangen. Imposante Bergketten lagen direkt in unserem Blickfeld, mit einem derartigen Start konnten wir sehr zufrieden sein.
17 Kilometer weiter erreichten wir das Lavafeld Berserkjarhaun, dass etwa 3500 Jahre alt und als Resultat mehrerer zeitgleicher Vulkanausbrüche eine Breite von 3 - 7 km besitzt. Mitten im Lavafeld befindet sich der Abzweig zum Bjarnarhoefn. Ein großer Haifisch aus Metall und eine Hinweistafel weisen auf den abseits gelegenen Hof hin, auf dem es ein Haifischmuseum gibt. Man erreicht ihn über einen 3,5 km langen Stichweg, der nur auf dem letzten Stück vor dem Hof asphaltiert ist.
Bjarnarhöfn weist auf eine sehr lange Geschichte zurück, dass konnte man der Hinweistafel entnehmen: Bjarnarhöfn erhielt seinen Namen nach Björn Ketilson, einem Siedler aus Norwegen, der um 900 herum hier Land nahm. Seit dem Mittelalter gibt es hier eine Kirche. Das jetzige Gebäude, eine der ältesten Holzkirchen des Landes, stammt aus den Jahren 1856 – 1859. Etwas weiter nördlich gelangt man zur Bucht Kumbaravogur, wo im Mittelalter englische Kaufleute aus Cumberland Handel trieben. Durch das Lavafeld verläuft der sogenannte Berserker-Weg, den Viga-Styr, einer der Helden der Eyrbyggja-Saga von zwei Berserkern anlegen ließ. Nachdem diese ihr Werk vollendet hatten, tötete er sie. Ihr Grabhügel ist noch am Wegrand zu erkennen.
Der Hof, der schon von Weitem zu sehen war, ist heute auf Island weit bekannt. Der derzeitige Besitzer Hildibrandur Bjarnson hat hier ein Museum über den Fang und die Verarbeitung des Grönlandhais aufgebaut. Im Museum befindet sich auch das älteste isländische Fischerboot, das 1860 gebaut wurde und noch heute funktionstüchtig ist. Als wir den Hof erreichten, wurden wir von der Bäuerin empfangen, die uns durch das Museum führte und eine kleine Probe Haifisch zu kosten gab. Isländern sagt man ja nach, dass sie, was ihre Küche anbelangt, ziemlich hart im Nehmen seien. Wir fanden es nicht so schlimm. Das Stückchen Hakarl, das wir zu essen bekamen, sah aus wie alter Käse und schmeckte etwas tranig nach Speck, ekeln mussten wir uns davor aber nicht.
Die auf Bjarnarhöfn lebende Familie verarbeitet seit Generationen Eishai. Der Fisch hat keine Nieren und lagert deshalb Stoffwechselgifte in seinem Körper ab. Aus diesem Grund ist er eigentlich giftig. Die Isländer haben aber eine Methode perfektioniert, die das Fleisch genießbar macht. Beim Zerlegen werden die Haibrocken zunächst in Holzkisten gelegt, wo sie sechs Wochen vor sich hin rotten. Wochen, in denen der Ammoniak allmählich freigesetzt wird und dermaßen duftet, dass keine Fliege oder anderes Getier sich in die Nähe wagt. Das Produkt nennt sich Hakarl und hängt noch einmal vier Wochen in der trocknenden Seeluft, bis die Fischstücke von außen eine braune Färbung haben. Von innen besitzen sie eine glitschige Konsistenz, ähnlich wie Speck.
Die Bäuerin erklärte uns im Museum Einiges und führte uns im Anschluss nach draußen zu den Trockengestellen. Dort hingen große Stücke Haifisch, die fast wie Schinken aussahen. Unseren nächsten Zwischenstopp hatten wir im 25 Kilometer entfernten kleinen Ort Grundarfjoerdur. Dort gibt es eine Touristeninformation, in der wir auch einen Cafe und eine Kleinigkeit zu Essen bekamen. Vor Olafsvik hielten wir noch kurz an einem Picknickplatz, von dem man eine schöne Aussicht hat.
Olafsvik ist der erste isländische Ort, der im 17. Jahrhundert eine Handelslizenz vom dänischen König erhielt. Bis ins 19. Jahrhundert war Olafsvik für die Isländer ein wichtiger Handelsort. Zu der Zeit hielt ein in Eckernförde gebautes Schiff, die Svanen, die Verbindung zwischen Westeuropa und Island aufrecht. Das ging so lange gut, bis sie 1891 bei einem Sturm im Hafen von Olafsvik sank. 1887 wurde in Olafsvik eine der ersten öffentlichen Schulen Islands eröffnet. Die Bedeutung des Hafens ging eine Zeitlang wegen der fehlenden Anlegemöglichkeit für Motorschiffe zurück. Der Mangel wurde erst 1960 behoben, als man den Hafen entsprechend erweiterte.
Als wir in Olafsvik eintrafen, war es noch sehr früh. Deshalb entschieden wir uns weiter nach Hellissandur zu radeln. Die gut 10 km waren noch locker machbar. Am Orteingang von Hellissandur wurde vor wenigen Jahren ein recht komfortables Hotel gebaut, dass uns sofort auffiel. Wir vermuteten zunächst, dass der Preis entsprechend hoch ausfallen würde, gingen aber trotzdem zur Rezeption. Wir bekamen einen Preisnachlass und sagten zu. Das war dann der Auftakt zu einem netten Abend, an dem wir gemeinsam mit mehreren Spaniern das WM Endspiel Spanien gegen die Niederlande ansahen. Im Hotel gab es eine große Leinwand, auf der das Spiel übertragen wurde. Die Stimmung war bei den Spaniern natürlich super, als ihre Mannschaft gewann.
Abends liefen wir noch ein wenig durch den Ort und wunderten uns über die amerikanischen Straßennahmen und „geschmückten“ Vorgärten. Was für ein Fest dort gefeiert wurde oder gefeiert worden war, konnten wir nicht klären.